Samstag, Januar 24, 2009

"Toleranz ist ja doch bloß Appeasement"

Der «Kampf der Kulturen» ist für die drei Autoren eine ausgemachte Sache, der Dialog mit dem Islam zum Scheitern verurteilt. Wer anderes glaubt, Islam und Demokratie für vereinbar hält, erscheint als Narr, und wer darüber hinaus auch noch Verständnis für die muslimischen Migranten hat, betreibt «Appeasement». Denn was sind viele Migranten anderes als «Trojaner», die den Mullahs helfen, Europa zu islamisieren?


Die "Neue Zürcher Zeitung" macht ein wenig Reklame für die Pamphlete von Ulrike Ackermann, Henryk Broder und Co., lässt dabei aber zwischen den Zeilen wenig Zweifel daran, dass diese ehemals linken Autoren inzwischen die Ideologie der radikalen Rechten bedienen.

Donnerstag, Januar 15, 2009

Antisemitische Sippenhaft

Während ich vor zweieinhalb Jahren den Libanonkrieg in diesem Blog sehr israelkritisch begleitet habe, möchte ich mich beim aktuellen Konflikt in Gaza lieber zurückhalten. Ein Grund dafür ist, dass mir wegen wichtiger beruflicher und politischer Projekte momentan schlicht die Zeit fehlt, mich so intensiv damit auseinanderzusetzen, wie es nötig wäre, um auch nur halbwegs einen Überblick über die Hintergründe zu bekommen. Zwar versorgen mich manche Leserinnen fürsorglich mit durchaus überzeugenden Appellen gegen das derzeitige Vorgehen Israels. Und natürlich lassen auch mich die Bilder aus dem Kriegsgebiet alles andere als kalt. Trotzdem sind das nicht mehr als Bruchstücke, und ich äußere mich ungern zu einem hochkomplexen Thema, bei dem ich mich nicht mit den Argumenten beider Seiten intensiv beschäftigt habe. Mal ganz abgesehen davon, dass es eine unfassbare Hybris wäre zu glauben, dass das, was ich hier blogge, auch nur irgendeinen Einfluss auf den Ablauf des Nahost-Konflikts hätte.

Vielleicht sollte man sich stattdessen einmal mit den überbordenden Aggressionen im eigenen Land (und seinen europäischen Nachbarn) beschäftigen. Und da gibt es wahrlich genug zu tun. Ich habe mich bekanntlich schon etliche Male deutlich dagegen ausgesprochen, jegliche scharfe Kritik am Handeln der israelischen Regierung oder seinem Militär mit dem Label "Antisemitismus" zu behaften, um damit die Kritiker mundtot zu machen. Was aber im Augenblick mancherorts geschieht, das hat mit legitimer Israelkritik überhaupt nichts mehr zu tun. Stattdessen scheint der Krieg um Gaza zumindest bei einigen Leuten mühevoll zurückgehaltene Aggressionen gegen "die Juden" ausbrechen zu lassen, die ich in diesem Ausmaß im Jahre 2009 für kaum möglich gehalten hätte. Auch das ist unerträglich.

Einige Links hierzu:

Terror in Europa

Shylock

Rotes Tuch, blauer Stern

Man könnte einwenden, dass zumindest manche dieser Extremreaktionen durch die extreme Ohnmacht ausgelöst werden, die man beim Anblick der Bilder aus Gaza empfindet. Ich muss allerdings sagen, mir fehlt für DIESE Art der Reaktion jedes Verständnis. Können wir uns vielleicht darauf einigen, dass beispielsweise "Tod, Tod, Israel!" ein wirklich beschissenes Argument ist, wenn man sich für die globalen Menschenrechte einsetzen möchte – von "Vergast die Juden!" ganz zu schweigen? Warum glauben eigentlich immer mehr Leute, dass man ein wirklich schwieriges Problem am besten lösen kann, indem man zu wirklich dumpfen Parolen greift? Ist es überhaupt glaubhaft, dass solche Unsäglichkeiten allein eine Folge der israelischen Politik darstellen? Vielleicht bin ich allzu pessimistisch, aber ähnlich wie beim Problem der Islamophobie befürchte ich schon, dass solche antisemitischen Übergriffe nur der Auftakt zu noch übleren Aggressionen sein könnten.

Freitag, Januar 02, 2009

Das Feindbild Islam ist ein gutes Geschäft

Peter Widmann vom Berliner Zentrum für Antisemitismusforschung spricht in einem Artikel für den Tagesspiegel Klartext. Ein Auszug:

In Deutschland formiert sich seit einigen Jahren eine Szene, die unter dem Vorwand der „Islamkritik“ irrationale Feindbilder verbreitet. (…) Die Agitatoren bewegen sich in drei Zusammenhängen: Auf dem populärwissenschaftlichen Buchmarkt präsentieren einige Publizisten Schreckbilder des Islam und geben ihre den historischen und soziologischen Forschungsstand ignorierenden Thesen als wissenschaftlich aus. Im Internet machen Anbieter antimuslimischer Hass-Seiten, wie „Politically Incorrect“, „Akte Islam“ oder „Die grüne Pest“, den Kampf gegen eine vermeintliche Islamisierung Europas zu ihrem Geschäft. Auf lokaler Ebene entstanden Initiativen gegen den Bau von Moscheen, die in jedem muslimischen Gotteshaus einen Brückenkopf islamischer Eroberung Europas sehen.

Aktivisten und Blogger im Netz versuchen ihre Ressentiments durch Behauptungen aus den populärwissenschaftlichen Büchern zu begründen und laden deren Autoren zu Veranstaltungen ein. So entstand ein gut vernetzter Agitationszusammenhang, geführt von Angst-Unternehmern, die durch Buchverkauf, Werbeanzeigen auf ihren Homepages und den Vertrieb von Propagandaartikeln außer dem politischen auch finanziellen Gewinn zu erzielen versuchen. (…) Der Islam soll als genozidale Religion erscheinen und Muslime als die maßgeblichen Judenfeinde in Geschichte und Gegenwart.


Widmann hätte noch zahlreiche Beispiele mehr nennen können, wenn sein Artikel dann nicht ausgeufert wäre: Henryk Broder etwa, der mit seinen Büchern ebenfalls erfolgreich die Ängste eines entsprechend ausgerichteten Publikums bedient, das Blog "Die Achse des Guten" und nicht zuletzt die Szene der fanatisch islamhassenden Antideutschen. Aber insgesamt bewegt sich die Analyse in die richtige Richtung. Es ist höchste Zeit, dass auf dieses Netzwerk aufmerksam gemacht wird.