Buchvorstellung: A Suitable Enemy
Liz Fekete, Leiterin des Institute of Race Relations und Herausgeberin des European Race Bulletins, widmet sich in ihrem aktuellen Buch A Suitable Enemy. Racism, Migration and Islamophobia in Europe der auf unserem Kontinent momentan virulentesten Form von Fremdenfeindlichkeit: der Diskriminierung von Muslimen. Sie bezeichnet diese Erscheinungsform als "Xeno-Rassismus" - einen Rassismus, der sich nicht an der Hautfarbe orientiert, sondern in diesem Fall des religiösen Hintergrundes und einer Weigerung, seine eigene Identität aufzugeben, um sich von der herrschenden Gesellschaft assimilieren zu lassen.
Häufig, so Fekete, liege diesem Rassismus eine irrationale Angst zugrunde: "Muslime machen etwa 3,5 Prozent der Bevölkerung Europas aus und sind so unterschiedlich (Türken, Kurden, Marokkaner, Pakistanis, Bangladeshis, Somalis, Afghanen, Iraker, Iraner), so aufgesplittert in ihrem ethnischen, nationalen, linguistischen und konfessionellen Hintergrund und wirtschaftlich so unbedeutend, dass sie sich jedem Versuch einer Einheit entziehen, geschweige denn dass sie einen Machtfaktor darstellen könnten." Insofern erscheint "Islamophobie" als Begriff für diese Form von Fremdenfeindlichkeit durchaus passend.
Schwerpunkt des Buches bildet die Analyse, wie immer mehr Mainstream-Politiker und –Medien Gedanken aufgreifen, die zuvor nur vom rechten Rand vertreten wurden. Dabei kommt Fekete zugute, dass sie über die Entwicklungen in verschiedenen europäischen Ländern bestens informiert ist. Was Deutschland betrifft, diskutiert sie etwa den ausländerfeindlichen Wahlkampf Roland Kochs und dessen Unterstützung durch die BILD-Zeitung, und sie weist darauf hin, dass unser Land in einem OECD-Ranking über die schulische Unterstützung von Migrantenkindern unter 17 Industrienationen den letzten Platz einnimmt. Absurderweise werde aber nicht das Versagen unserer Gesellschaft für das Scheitern dieser Kinder verantwortlich macht, sondern die Kultur in den Herkunftsländern der Eltern und Großeltern der Betroffenen. Auch dass in unserem Land die Zugehörigkeit zu einer islamischen Gruppe, die zwar gewaltfrei, aber der herrschenden Ideologie gegenüber kritisch eingestellt ist, ausreicht, um Bürgerrechte verweigert zu bekommen oder vom Verfassungsschutz beobachtet zu werden, bereitet Fekete Missbehagen. Ausführlich weist sie auf die verschiedenen staatlichen Diskriminierungen hin, denen Muslime in verschiedenen Ländern inzwischen unterworfen sind, weshalb sie die Bekämpfung der Islamophobie für eine Aufgabe nicht nur für Antirassisten, sondern gerade auch für Bürgerrechtler und Liberale sieht.
Ähnlich wie Autoren in der von Matti Bunzl herausgegebenen Anthologie Anti-Semitism and Islamophobia: Hatreds Old and New in Europe erkennt auch Fekete in der Islamophobie insofern eine Nachfolgerin des Antisemitismus, als der Judenhass in der Ideologie der Nationalsozialisten der Reinheit des Volkes und der Nation dienen sollte, während Islamophobe Muslime als Störfaktoren der "europäischen Kultur" ausmachen. Bezeichnend dabei sei, dass jene privilegierten Muslime, die sich von ihrer eigenen kulturellen Herkunft sehr lautstark distanzieren, zu Medienlieblingen werden, während die Sprecher jener Muslime, die benachteiligt werden oder auf ihrer kulturellen Identität bestehen, aus den Diskursen ausgegrenzt oder lächerlich gemacht werden.
Ausführlich widmet sich Fekete auch dem feministischen Lager um Alice Schwarzer, das Musliminnen die Fähigkeiten abspricht, selbst frei darüber zu entscheiden, ob sie ein Kopftuch tragen möchten oder nicht, woraufhin sie eine Bevormundung durch einen patriarchalischen Ehemann oder Vater ("du trägst gefälligst ein Kopftuch!") lediglich mit der Bevormundung durch den Staat ("du trägst gefälligst kein Kopftuch!") ersetzen. Fekete setzt hier ihre Hoffnung in einen neuen Feminismus wie den des Akademikerinnen-Netzwerkes Nextgenderation, der den Mechanismen entgegenwirke, die Muslimas isolierten oder zu Feindbildern erhöben: "Wir werden diesen selbsternannten Wächterinnen der Frauenrechte nicht erlauben", heiße es etwa in einer Stellungnahme von Nextgenderation, "die Emanzipation der Frau für fremdenfeindliche, islamophobische und ethnozentrische Politik zu benutzen. Wir sagen ihnen: NICHT IN UNSEREM NAMEN."
Solche neuen Gruppierungen, die sich den bedenklichen Entwicklungen in Europa entgegenstemmen, erlauben Fekete schließlich doch einen positiven Ausblick. Namentlich stellt sie hier "Together Against Racism" und "Stop the Witch Hunt" heraus (letzeres eine Initiative, die sich nach einem Hochschnellen rassistischer Gewalt nach der Ermordung Theo van Goghs bildete).
"A Suitable Enemy" ist zwar ein merklich von linker Weltsicht getragenes Buch, gibt aber der nüchternen Analyse und dem Zusammenstellen von belegbaren Fakten anstelle einer spannenden, melodramatischen Erzählweise, wie wir sie gerade von den islamophoben Publizisten kennen, erkennbar den Vorrang. Insofern dürfte es gerade für diejenigen Leser von Interesse sein, die sich ernsthaft und sachgemäß mit dieser neuen Form von Fremdenfeindlichkeit in Europa beschäftigen möchten.
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