Wie Medien Fremdenangst schüren: "Einreisewelle aus dem Balkan"
Ein krasses, aber zeittypisches Beispiel der manipulativen Information war in der vergangenen Woche zu beobachten: Tagesanzeiger.ch übertitelte einen Bericht so: «Einreisewelle aus dem Balkan schwappt in die Schweiz.» Und im Einführungstext stand: «Nach der Aufhebung der Visumspflicht kehren Zehntausende Mazedonier ihrer Heimat den Rücken. Bereits spüren erste Kantone die Auswirkungen der kleinen Völkerwanderung.»
Wer den Artikel bis zum Schluss las, musste allerdings erkennen: Die Welle ist nicht einmal ein Tröpfchen. Von einem einzigen Kanton ist die Rede; dort sollen zwei verdächtige Personen aus dem Balkan gesichtet worden sein. Ob sie aus Mazedonien oder einer benachbarten Region stammen, bleibt offen. Ein Sprecher des Bundesamts für Migration wird ferner zitiert. Er sagt, man habe keine Kenntnis von vermehrten Einreisen aus Mazedonien.
Der Artikel dementiert sich also selber. Insofern gewährt er dem genauen Leser Transparenz. Allerdings provozierte er über 190 Kommentare. Die meisten Leser empörten sich über die angebliche Einreisewelle.
Aufgrund zwei angeblich gesehenen Personen eine "Völkerwanderung" herbeizuschreiben und damit prompt etliche Hysteriker auf die Palme zu bringen, die zu blöd zum Lesen, aber zum Sich-Ereifern immer bereit sind – kaum ein Beispiel veranschaulicht die aktuelle Debatte so gut wie dieses.
Die Neue Zürcher Zeitung berichtet über den neuen Trend des "manipulativen Journalismus".
<< Home