Sonntag, Dezember 12, 2010

Was würden Sie tun, wenn ..?

Wie sehr das Verhalten von Frauen und Männern mit zweierlei Maß gemessen wird, ermittelte schon vor Jahren der amerikanische Sender ABC in einem Experiment zum Thema "Gewalt in der Partnerschaft", das mit versteckter Kamera gefilmt wurde. Das entstandene Video erhielt einen Journalistenpreis und gilt heute noch als "Klassiker" in der Männerbewegung: Um herauszufinden, warum in der Diskussion über häusliche Gewalt nur von Gewalt gegen Frauen die Rede ist, obwohl Männer häufiger Opfer sind, ließ ABC einmal einen Mann gegenüber einer Frau in einem öffentlichen Park aggressiv werden, ein anderes Mal eine Frau gegenüber einem Mann. Im Experiment mit dem weiblichen "Opfer" griffen Vorübergehende häufig spontan ein. Im Fall mit dem scheinbar angegriffenen Mann ignorierten sie den Konflikt oder ermunterten gar die Frau, noch ein bisschen mehr zuzulegen.

Jetzt hat ABC mit einem neuen Experiment nachgelegt. Dessen Hintergrund war die zunehmende Zahl von Berichten darüber, dass nicht nur Männer bei Dates die Drinks von Frauen heimlich mit Drogen versetzen, um ihre kriminellen Ziele zu erreichen, sondern dass sich das häufig auch in der umgekehrten Geschlechterkonstellation abspielt. Das machte es für die ABC-Journalisten reizvoll, doch einmal unter Zuhilfenahme einer versteckten Kamera herauszufinden, wie Leute in einer Gaststätte reagieren, wenn mal ein Mann und mal eine Frau vor aller Augen ein weißes Pülverchen in das Getränk ihres Dating-Partners rieseln lässt, als dieser gerade auf Toilette ist ...

Experimente wie diese stehen hierbei nur exemplarisch für eine Kultur, die Übergriffe von Frauen auf Männer in der Regel wesentlich milder beurteilt als den umgekehrten Fall. Dabei ist die Doppelmoral offenbar wenig geschlechtsgebunden. So wie sich in dem aktuellen sozialen Experiment die Männer nicht einmischen, eine Frau dann aber schon, läuft es auch in der aktuellen Geschlechterdebatte hierzulande: Während Männer wie der Grünen-Politiker Volker Beck und der umstrittene Publizist Thomas Gesterkamp die Übergriffe von Frauen auf Männer gerne herunterspielen (und Leuten, die das nicht tun, anscheinend gerne das Maul stopfen möchten), machen Frauen wie Karin Jäckel, Monika Ebeling und Astrid von Friesen solche Übergriffe unverdrossen zum Thema. Es wäre spannend herauszufinden, welcher psychologische Hintergrund, welche Vorstellungen über die beiden Geschlechter und welche anderen Faktoren das Messen mit zweierlei Maß begünstigen und wie man diese Doppelmoral überwinden kann.