Montag, April 24, 2006

24. April 2006

Kein Wunder, dass die üblichen Verdächtigen vermeintlichen Antisemitismus immer mehr in den letzten Ecken und Winkeln herbeiphantasieren müssen: Wie die israelische Zeitung Haaretz berichtet, sind im letzten Jahr die antisemitischen Zwischenfälle weltweit in Wahrheit um ein Fünftel gefallen. Der vom Stephen-Rot-Institut für das Studium gegenwärtigen Antisemitismus und Rassismus an der Universität Tel Aviv herausgegebene Report erklärt diesen Rückgang unter anderem mit der Verbesserung von Israels Image nach seinem Rückzug aus Gaza und der relativen Ruhe im Konflikt mit den Palästinensern. „Momentemal“, mag da manch einer verdutzt einwenden und sich fassungslos die Augen reiben: Gehört es denn nicht zum Kern des allgemeinen Katechismus, dass Juden nicht das Geringste dafür oder dagegen tun können, dass Antisemitismus zu- oder abnimmt? Sondern dass er einfach so angeflogen kommt und sich über die Menschen stülpt wie eine Wolke aus dem Nichts? Wurde nicht während der Möllemann-Debatte in den Leitartikeln sämtlicher Gazetten rauf- und runtergebetet, jede andere These würde bedeuten, „die Juden“ seien selbst am Antisemitismus schuld - eine Annahme, die das deutlichste Erkennungsmerkmal für jeden Antisemiten sei? Hieß es nicht von Spiegel und Co. immer und immer wieder, Michel Friedman oder Ariel Sharon als öffentliche Repräsentanten der Juden könnten sich aufführen wie sie wollten, ohne irgendeine Verantwortung für durch dieses Verhalten entstehende Aversionen gegen ihre Gruppe übernehmen zu müssen? Und jetzt kommt genau diese grässlich antisemitische Logik von der Universität Tel Aviv? Kein Wunder, dass unsere zionistischen Freunde vor Panik keine Nacht mehr schlafen können, solange sie am Strand von Haifa nicht gerade im Verdauungskoma liegen: Womöglich dauert es nicht lange, und nach der israelischen Friedensbewegung, der Tel Aviver Uni und einzelnen Mitgliedern der Knesset ist halb Israel als antisemitisch entlarvt, und noch ein paar Wochen später reduzieren sich die einzigen Aufrechten vielleicht auf ein paar Dutzend überaus rührige Internetschreiber. Und was dann?