11. August 2006
Irgendwie scheint es die kriegsgeile Bloggerfraktion nicht so klasse zu finden, jetzt vor halb Deutschland als überspannte Verschwörungstheoretiker dazustehen, und verweist geradezu rasend und mit viel rhetorischem Buhei auf einen Beitrag des NDR-Medienmagazins „Zapp“ vom Mittwoch, der vor allem die alte These beweist, dass es für jede Verschwörungstheorie immer auch einige Personen aus dem Mainstream gibt, die sie ernst nehmen. (Ich kann mich da an eine „Tatort“-Folge zum 11. September erinnern ...) „Zapp“ belegt, dass Salam Daher, Mitarbeiter des libanesischen Katastrophenschutzes und von den Bloggern nur als „Mr. Green Helmet“ bezeichnet, die Leiche eines getöteten Kindes mit einigem Aufwand gezielt der Kamera darbietet, offenbar um so die Weltöffentlichkeit zu erreichen.
Dieser „Zapp“-Beitrag überzeugt. Zumindest diejenigen, die sich weniger über die Massenmorde in Hitlers Konzentrationslagern aufregen als über die aufrüttelnden Filmaufnahmen der Leichen, die danach von den Alliierten angefertigt wurden, um die Deutschen über die Greuel aufzuklären. (Und falls Sie den Holocaust-Vergleich zu hoch gegriffen finden, dann denken Sie an die Aufnahmen von Massakern in Vietnam oder was immer Sie am passendsten finden.) Seltsamerweise scheint es für einige Leute akzeptabel zu sein, andere Menschen umzubringen, jedoch - um mit "Zapp" zu sprechen - "zynisch", die Opfer der Öffentlichkeit zu zeigen. Solche Bilder sind aber möglicherweise notwendig, um die Weltgemeinschaft in den Hintern zu treten, damit das Abschlachten endlich aufhört.
Stattdessen findet man auf einschlägigen Bloggerseiten inzwischen Kommentare wie: „Obviously Israel has killed civilians but many reports comming out of Lebanon have been wildly exaggerated. Hezbollah has turned the entire South Lebanon into a Hollywood production, a theatre of sorts. Of course Israel killed these people, but parading bodies back and forth for hours like what was done in Qana has a dramatic effect on world opinion”. Irgendwie erinnert das doch wieder fatal an Sprüche wie “Es hat niemals einen Holocaust gegeben, und außerdem sind die Zahlen weit übertrieben!” Das Töten, sicher, schon irgendwie unangenehm, aber wenn die Leute eh schon tot sind, muss man sie dann auch noch aller Welt zeigen? Da glaubt der islamhassende Blogger schon lieber an Hisbollywood – so wie andere Leute eben an einen getürkten 11. September glauben. Vielleicht ist das ja notwendig, um eine innere Distanz zu den Greueln zu gewinnen: Das waren nicht "unsere Leute", das ist alles nur eine Theateraufführung der Hisbollah. Eine Auseinandersetzung mit den furchtbaren Realitäten wäre sinnvoller.
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