Wie man lästige Werbeanrufe killt: Hitparade der Abwehrmaßnahmen
Werden Sie eigentlich auch manchmal von Leuten genervt, die Sie mit ihrem Anruf gerade mitten bei einer interessanten oder wichtigen Beschäftigung stören, nur um Ihnen ungebetene Reklame aufs Auge zu drücken? Verboten sind die meisten von ihnen schon seit einiger Zeit, aber noch immer bekommt die Politik sie nicht effektiv in den Griff. So berichtet heute die ”Wormser Zeitung”:
Gesetzliche Schritte gegen unerlaubte Werbeanrufe werden derzeit in Berlin geprüft. Dies sagte die Bad Kreuznacher CDU-Bundestagsabgeordnete Julia Klöckner gegenüber dieser Zeitung. "Das Problem nimmt dermaßen zu, dass wir einfach handeln müssen", erklärte die Verbraucherschutzbeauftragte der Union. (...) "Man könne unerwünschte Werbeanrufe auch als Ordnungswidrigleit einstufen, aber dagegen sperrt sich Justizministerin Zypries", bedauerte die Politikerin. (...) Das 2004 erlassene Gesetz, das den Verbraucher belästigende Werbeanrufe bereits verbietet, habe sich als zahnloser Tiger erwiesen, weil sich viele schwarze Schafe nicht daran hielten.
Sieht so aus, als müssten wir Bürger uns weiter eigenständig gegen solche Störenfriede zur Wehr setzen, solange die Politik nicht in die Puschen kommt. Ich habe selbst ein Dreivierteljahr für ein Call-Center wildfremde Leute angerufen, zwar legal – wir waren für die erlaubte telefonische Marktforschung tätig und nicht im Bereich Werbung und Verkauf -, aber abends um neun oder sonntagsmorgens um zehn war mein Anklingeln doch für viele Leute nicht weniger nervig. Insofern kenne ich beide Seiten der Medaille: sowohl die des Anrufers als auch die des Angerufenen, der sich belästigt fühlt. Auf dieser fundierten Grundlage stelle ich hier für alle Leser meines Blogs einmal die Top Five der besten Gegenmaßnahmen zusammen.
Bewertungskategorien für dieses Ranking sind Effektivität bei gleichzeitiger Verhältnismäßigkeit der Mittel. Lächerlichkeiten wie sich in irgendwelche Robinson-Listen aufnehmen zu lassen, denen zufolge man von solchen Anrufen verschont werden möchte, lasse ich mal außen vor: wie aus dem oben zitierten Artkel hervorgeht, sind diese Anrufe ohnehin schon verboten, und wer auf die Gesetze scheißt, wird dasselbe auch mit irgendwelchen Wunschzetteln tun. Ebenso unsinnig ist „einfach sofort auflegen“. Wenn immer uns das passiert ist, haben wir die entsprechende Telefonnummer auf Wiedervorlage gelegt. Konnte ja sein, dass da nur der Sohn des Hauses dran war oder der Hausherr, die Hausfrau uns aber bei einem späteren Anruf gern zur Verfügung stehen würde (oder umgekehrt). Und bei „Danke, kein Interesse“ fing ich natürlich gleich an nachzufragen, ob vielleicht sonst jemand in diesem Haushalt leben würde, der Interesse haben könnte. Unser Fundus an vorausgewählten Telefonnummern war begrenzt, weshalb wir da immer extrem hartnäckig waren. Was aus Sicht des Angerufenen am zeitsparendsten aussieht, bringt also oft überhaupt nichts.
Hier also meine persönliche Hitparade der Maßnahmen gegen Belästigung durch Telefonwerbung:
Platz 5: Die Trillerpfeife. Zugegeben, diese Abwehrmethode ist höchst effektiv und senkt das Risiko eines Folgeanrufs auf ein Minimum. Ich hatte einmal eine alte Oma am Apparat, die mich kaum den ersten Satz aussprechen ließ, als sie bereits mit Karacho in ihre Pfeife trällerte. Da man in Call-Centern normalerweise mit Kopfhörern arbeitet, um sich vom Umgebungslärm abzuschirmen und auch die eigenen Gespräche nicht zu diesem Lärm beitragen zu lassen, schießt einem ein solch schriller Lärm recht schmerzhaft durch den Kopf und mag einen ordentlichen Tinnitus verursachen. Ich war kurz davor, die schräge Alte wegen versuchter Körperverletzung anzuzeigen, und da mein Anruf völlig legal war, wäre ich sogar im Recht gewesen. Deshalb gibt es hierfür auch nur Platz 5: Die Trillerpfeife mag die richtige Antwort für obszöne Anrufer sein; für Werbefritzen erscheint sie mir als Overkill.
Platz 4: „Ich hätte gerne Ihren Namen und Name und Adresse Ihres Call-Centers.“ Hier erfolgt als unweigerliche Gegenfrage: „Wieso denn?“ Woraufhin man im fröhlichen Tonfall erkläre: „Na wegen der Strafanzeige.“ Dieses Vorgehen wird von den Verbraucherzentralen empfohlen, da der illegale Anrufer dann meist schleunigst auflegen würde. Ich hatte aber auch schon mal eine selten dumme Kuh am Telefon, die steif und fest darauf beharrte, was sie tue, sei vollkommen legal, und die sich ebenso steif und fest weigerte, die von mir verlangten Angaben zu machen. Das ist ebenso nervtötend und unerquicklich wie mit Neokonservativen oder Feministinnen zu diskutieren. Deshalb nur Platz 4.
Platz 3: Fragen Sie nicht mich, ich frage Sie. Zu diesem Zweck existiert im Internet ein witziges Gegenskript, mit dessen Hilfe Sie das Gespräch so geschickt umleiten können, dass plötzlich Sie beginnen, wildfremden Marketingfritzen persönliche Fragen zu stellen statt umgekehrt. Einmal habe ich es damit geschafft, einen nervigen Anrufer trotz leichten Widerstandes so lange auszufragen, bis wir bei der Sorte seiner Zahnpasta waren, woraufhin er dann dessen Supervisor hinzuzog, um die Situation klären zu lassen! Hierzu muss man wissen, dass es Sinn jeder Telefonaktion ist, in möglichst kurzer Zeit akkordmäßig möglichst viele Anrufe zu tätigen. Wenn Sie da eine Viertelstunde lang den gesamten Betrieb aufhalten, können Sie ziemlich sicher sein, von diesen Leuten niemals wieder behelligt zu werden. Allerdings kostet auch Sie der Spaß einige Zeit, und Sie müssen sich selbst gegen einige Gegenwehr durchsetzen. Pro und contra führt so zu Platz 3.
Platz 2: „Moment, ich hab hier grad was, gleich wieder da, kleinen Moment bitte“ nuscheln sie hektisch in den Hörer, als ob Sie gerade gestört worden seien und noch eben etwas abspeichern oder anderweitig fertig machen müssten. Stattdessen werfen Sie den Hörer natürlich in die Kissen und machen frohgemut weiter mit was auch immer Sie gerade so tun. Wenn immer ich einige Minuten später „Sind Sie noch dran?“ gefragt habe, wurde ich angenehm enttäuscht. Diese Methode kostet Sie selbst nur wenige Sekunden, blockiert aber recht effektiv Arbeitszeit und Telefonkosten bei der anrufenden Firma. Gleichzeitig ist sie sehr human gegenüber dem oft unterbezahlten Mitarbeiter: Ich habe solche Antworten immer als willkommene Gelegenheit genutzt, endlich mal während der Arbeit in aller Ruhe ein Twix zu verzehren.
Platz 1: Mein persönlicher Liebling ist immer noch die Gegenfrage „Was hast´n du gerade an?“. Wechseln Sie dazu in einen leicht sinnlich-verträumten Tonfall (was nicht immer ganz einfach ist, wenn einem der Anrufer gerade sein Verkaufsanliegen hektisch runtergerattert hat). In der Regel bekomme ich ein reichlich entgeistertes „Was!?“ zur Antwort, worauf ich immer noch verträumt entgegne „Ich berühr mich gerade selbst. Und du?“ Natürlich tue ich dies völlig antidiskriminatorisch bei männlichen wie weiblichen Störenfrieden. Und die hängen regelmäßig schneller ein, als man zuende stöhnen kann – und melden sich garantiert kein zweites Mal. Diese Kombination aus Zeitersparnis (dauert zehn Sekunden), Spaßfaktor und Effektivität erbringt dieser Methode den verdienten Platz 1. Sie müssen natürlich sichergehen, dass Sie wirklich einen Werbefritzen an der Strippe haben und nicht Ihre Tante Elvira, die Sie nicht gleich an der Stimme erkannt haben.
Am besten entscheiden Sie sich natürlich für die Methode, die Ihnen persönlich am meisten zusagt. Ich bin mir sicher, wenn ganz Deutschland eine dieser fünf Methoden konsequent beherzigen würde, wäre das Problem illegaler Werbeanrufe binnen kürzester Zeit geklärt.
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