Zerrbild Islam
Die “Frankfurter Rundschau“ fragt sich, warum von der momentanen Rehabilitierung des religiösen der Islam ausgeschlossen bleibe. Ein Auszug:
Die Gesellschaft hält den weiten Kosmos spiritueller Praxis, der an die Stelle des kirchlichen Deutungsoligopols getreten ist, ohne nennenswerte Spannungen aus: Christen, Juden, Buddhisten, Sikhs, Bachblütengläubige, Marienverehrer, Charismatiker, Pantheisten, Atheisten - alle dürfen sein. Man sollte meinen, dass da auch noch ein Platz für den einwandernden Islam frei wäre. Aber die Wege des Herrn sind unergründlich. Und so fällt gegenüber den Allah-Gläubigen der Mut zur Toleranz bisher eher dürftig aus.
Warum? Ist der Islam bei uns so intolerant und gefährlich, dass er nicht tolerabel ist? Nein. Sicher kann man den Führungen von Islamrat oder Zentralrat der Muslime getrost autoritäre Gesinnung unterstellen; aber mindestens genauso anachronistisch wie ihr Ruf nach getrenntem Sportunterricht für Jungs und Mädchen ist der Kreuzzug des katholischen Bischofs Mixa gegen frühkindliche Krippenbetreuung.
Gewiss sind Frauen in der muslimischen Community benachteiligt, ja unterdrückt. Aber abgesehen davon, dass das mehr mit Patriarchat als mit Religion zu tun hat: Auch die Strukturen der katholischen Kirche sind von Gleichberechtigung weit entfernt. Wiederverheiratete Geschiedene werden sogar systematisch ausgegrenzt. Daran indes haben wir uns gewöhnt, und wir sagen zynisch: selbst schuld, wer das mit sich machen lässt.
Die Mehrheitsgesellschaft, und das ist der Kardinalfehler, nimmt den Islam in Deutschland bisher fast nur durch seine extremen Ränder wahr. Dazu zählen die männlichen Machtgruppen an der Spitze der islamischen Interessensverbände, ferner islamistische Zirkel unter Verfassungsschutzbeobachtung und, ganz am anderen Ende, die wortstarke Gruppe säkularisierter Muslime wie Necla Kelek und Seyran Ates, die dem Islam mehr oder weniger pauschal die Demokratietauglichkeit absprechen. So kann nur ein Zerrbild entstehen.
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