Mittwoch, Dezember 02, 2009

"Wenn erst die Moscheen brennen, will es wieder keiner gewesen sein"

Uns sollte zu denken geben, dass rechte Parteien wie FPÖ, SVP oder Initiativen wie Pro Köln in Europa mit linken Feministinnen wie Julia Onken und Alice Schwarzer paktieren, oder dass sich beruflich Marginalisierte in Islamhasserforen wie "Politically Incorrect" tummeln und eine "Bildungsbürgerschicht" von Wortführern immer expliziter und immer weniger anonym auftreten. Wir kennen das aus der Antisemitismusforschung: Hier hält sich jemand für konsensfähig. (…) Konsens ist in dem Fall z. B. eine vermeintlich natürliche Bürgermeinung von "der Islamisierung" unserer Gesellschaft, wie sie Wolfgang Bosbach von der CDU eben wieder als einen Fakt hingestellt hat. Politiker scheinen mit solchen Äußerungen nicht zu merken, wie sie und unsere Medien das antiislamische Feindbild selber kultiviert haben, und gehören damit letztlich auch in den Pakt der Rassisten. Kaum jemand merkt, dass die These von "der Islamisierung" eine Weltverschwörungstheorie vergleichbar der von einem "verschworenen Weltjudentum" ist. Das ist erschreckend – als hätten wir unsere historischen Lektionen auswendig gelernt, aber nicht verstanden. Wie hat der Kabarettist Hagen Rether so treffend gesagt: "Wenn erst die Moscheen brennen, will es wieder keiner gewesen sein!"

(…) In Deutschland wird man gerade nicht müde, kopfschüttelnd gen Schweiz zu blicken und entsprechend zu kommentieren. Klar, der islamfeindliche Rassismus der anderen wird abgewatscht bzw. fast gefeiert – dann kann man so schön vom eigenen ablenken. Da hat der "Standard" in Österreich mit einem sehr selbstkritischen Kommentar einen anderen Akzent gesetzt. Dass aber gerade die Islamhasser europaweit ihren Sieg feiern – vom belgischen Vlaamse Belang über Geert Wilders bis zur Achse des Guten – ist unseren Beobachtern weniger wichtig.


Sabine Schiffer spricht Tacheles im Heise-Interview.