Lichtschlag: "Kommunalwahl in den Niederlanden – das wilde Männlein Wilders"
André Lichtschlag, Chefredakteur der liberal-libertären Zeitschrift "eigentümlich frei", kommentiert heute in gewohnt pointierter Art die freiheitsfeindliche Attitüde des niederländischen Populisten Geert Wilders. Ein Auszug:
Geert Wilders benennt als verteufelte Ursache aller Missstände nicht etwa die verfehlte Einwanderungspolitik oder den ausufernden Sozialstaat, sondern die Religion des Islam. Kriminalität, Überalterung und Schulden seien die Folge moslemischer Zuwanderer, die ihrerseits gar nicht selbst der Übelstand, sondern erst durch deren Religion dazu geworden seien – eine Religion, die Wilders als totalitäre politische Ideologie interpretiert. Entsprechend einfach sehen auch seine drei Forderungen aus: Verbot des Koran, Verbot des Kopftuchs, Verbot der Minarette.
Nun sind flächendeckende staatliche Verbote von ausgewählten Büchern, Kleidungsstücken und Architekturdetails womöglich dumm oder dreist, ganz sicher aber sind sie ein Hohn für einen Führer, der seine Formation „Partei der Freiheit“ getauft hat. Wer Bücher verbieten will, der sollte sich für denkende Menschen im Anschluss an das so totalitäre 20. Jahrhundert eigentlich selbst unmöglich gemacht haben. Als älteste erhaltene Moschee in Deutschland gilt die 1928 in Berlin errichtete Wilmersdorfer Moschee mitsamt ihrer beiden Minarette. Was selbst in der Zeit von Reichsparteitagen nicht angerührt wurde, soll nun geradezu gemeingefährlich sein? Werden jetzt wieder Gotteshäuser angezündet? Vor nicht einmal hundert Jahren war in Deutschland noch kaum eine Frau Ü50 zu finden, die kein Kopftuch trug, in weiten Teilen des christlichen Süd- und Osteuropas gehört solche Haupttracht bei älteren Damen nach wie vor zum Straßenbild. Gibt es in den Niederlanden wirklich keine einzige einheimische Oma mehr, die ein Kopftuch trägt? Wird es Tante van Tintelingen in Bälde von der geheimen königlichen Staatspolizei vom grauen Dauerwellenhaupt gerissen?
Wilders Forderungen offenbaren die Schwäche seiner Argumentation. Bücher, Kleider und Bauwerke sind so wenig bedrohlich wie eine Religion, deren Gläubige durchaus in vielen Teilen der Welt über lange Zeit friedlich mit Christen zusammengelebt haben. Die Suche nach den Gründen, warum mancher Muslim zum Islamisten wurde, könnte unbequem werden und ist Wilders Sache nicht. Die Hinterfragung der wirtschaftlichen wie demographischen Schwäche der Einheimischen sowie der asozialen Anreize ihres Sozialstaats wird vom Blondschopf erst recht nicht betrieben. (…)
Harte Fragen? Einfacher und bequemer ist es natürlich, wie einst den „Jud“ nun den „Musel“ für allen Übelstand im eigenen Hause fremdverantwortlich zu machen. Schließlich hat es, wer würde wagen dies zu bestreiten, für Antisemitismus niemals einen Anlass oder gar wirkliche Berechtigung gegeben, während sich die Moslems Feindseligkeiten doch alleine selbst zuzuschreiben haben ... Wer so denkt, ist weder sonderlich innovativ noch originell, Muammar al-Gaddafi längst näher als er selbst glauben mag.
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