Montag, November 22, 2010

FAZ: Warum Alice Schwarzer auf Kristina Schröders Kritik so empfindlich reagiert

Die Bundesfrauenministerin hat bei Alice Schwarzer einfach nur einen wunden Punkt getroffen, erklärt Lydia Harder in der "Frankfurter Allgemeinen". Denn nirgendwo wurde über Jahrzehnte hinweg der lodernde Männerhass dermaßen geschürt wie im Polit-Lesbentum, dessen bekannteste deutsche Vertreterin Alice Schwarzer ist. Einige Auszüge aus Harders Artikel:

Claudia Pinl, eine "Emma"-Frau der ersten Stunde, mit kurzen Haaren, roter Brille und regenbogenbuntem Schal, erzählt in einer Kölner Bar bei einem "Jever Fun" davon, wie die Frauenbewegung zur Lesbenbewegung wurde. "Man unterschied zwischen Urlesben und Bewegungslesben." Letztere hatten sich erst durch sexuelle Befreiung auf die andere Seite geschlagen, forderten dafür aber umso hartnäckiger Lesbianismus als letzte Konsequenz des radikalen Feminismus. (...) Zu dieser Zeit, als sich die "Emma"-Brigade formierte, war die Redaktion bunt gemischt. Manche Frauen gingen abends sogar zu ihren Männern nach Hause, was laut der ehemaligen "taz"-Chefin und Schwarzer-Biographin Bascha Mika mitunter so kommentiert wurde: "Die Heteras müssen zurück zu ihren Schwänzen."

(...) In den Achtzigern wurde die "Emma" schriller, warb mit dem Slogan "Männerfeindlich und garantiert daneben". Jill Johnston verbreitete den Schlachtruf der militanten Lesbenbewegung: "Alle Frauen sind lesbisch - nur wissen es manche noch nicht." Und die Redaktion empfahl tröstend: "Männer sind kein Schicksal. Denn gegen Männer können wir uns schützen. Auch ohne Kondome. Immer mehr Frauen und Frauen brauchen sie nicht. Um ganz sicher zu sein, haben sie für immer die Seite gewechselt."

Im "Kleinen Unterschied" schilderte Schwarzer nicht repräsentative, aber erschütternde Biographien von 17 Frauen und ihren gewalttätigen männlichen Unterdrückern. Nicht wenige dieser Frauen wurden lesbisch. Die Berichte über den ersten Beischlaf fasst sie zusammen: "Keine tut es aus Lust, alle tun es aus Angst." Und die Männer, mit denen Frauen eine befriedigende Sexualität erlebten, seien unmännlich - "im positiven Sinne". Immer wieder sprach und schrieb sie von der "empfindungslosen Vagina" und von den "Wesen mit Penis", die "Ärmsten", die so kaputt seien, "dass sie diese fünf Minuten mechanischer Reibung für Sexualität halten".


Die Folge dieser Dauer-Hasskampagne war die von dem Sexualforscher Volkmar Sigusch so bezeichnete "neosexuelle Revolution", in deren Diskursen männliche Sexualität fast nur noch im Zusammenhang mit Ausbeutung und Gewalt auftaucht: Sexuelle Belästigung, Missbrauch, Sextourismus, gefühlsloser Cybersex, "frauenfeindliche" Pornographie und dergleichen mehr.

Eine noch spätere Folge sind beispielsweise die Jungs, die das "Manifest der grünen Männer" verfassten, wozu der Soziologieprofessor Gerhard Amendt vom Institut für Geschlechter- und Generationenforschung an der Uni Bremen treffend anmerkte: "Nichts von der kämpferischen Geschichte der Grünen schimmert in diesem Manifest noch durch. Sie kämpften - buchstäblich - gegen Atomkraftwerke, gegen Naturzerstörung, gegen gesellschaftlichen Größenwahn, aber wenn Frauen sagen, ein Mann ist ein Macho, dann schweigen sie artig wie kleine Jungen, die der Mama nicht zu widersprechen wagen."

Warum ein Großteil unseres Landes in der Geschlechterfrage ausgerechnet einer Frau wie Alice Schwarzer hinterhertappt, die ein durch und durch gestörtes Bild von (Hetero-)Sexualität propagierte, werde ich niemals begreifen. Aber wenn Kristina Schröder hier Einspruch einlegt, dann war dieser Einspruch seit langer Zeit überfällig. Dafür sollten ihr Männer ebenso danken wie all die vielen Frauen, die sich nicht zum Hass auf das andere Geschlecht aufhetzen lassen wollen.