Montag, November 15, 2010

"Die Zeit" entdeckt das Thema Männerdiskriminierung

Zugegeben, so richtig traut sich "Die Zeit" mit diesem Artikel noch nicht, gegen die feministische Ideologie aufzumucken. Sicherheitshalber ist er als "eine Polemik" überschrieben, und unbelegte feministische Ideologeme flirren immer wieder hindurch: Holzschnittartige Klischeebilder von den ominösen Netzwerken und Clubs der alten Männer gibt es, die "jungen Männer" müssen natürlich "für die Fehler der alten büßen" (und nicht etwa für eine sexistische Ideologie), und der Link unter der Behauptung, dass die Firmenchefs jetzt angeblich "ein schlechtes Gewissen" hätten, führt zu keinem Beleg dafür. "Die Zeit" setzt offensichtlich voraus, dass ihre Leser die Theorie schon teilen werden, dass Frauen im Berufsleben lange Zeit diskriminiert worden seien.

Um so bemerkenswerter ist es, dass eine Zeitung, die der feministischen Ideologie ähnlich treu ergeben ist wie die "taz", überhaupt benachteiligte Männer zum Thema macht:

Schließlich gibt es kaum noch einen Konzern, der nicht ein besonderes Förderprogramm für Frauen aufgelegt hat, kaum einen Firmenchef, der jetzt nicht ernst macht mit dem allzu lange leeren Versprechen: »Frauen werden bei gleicher Eignung bevorzugt.« Und das werden sie – koste es, was es wolle. Der Frauen-Auswahlbutton sei mittlerweile die meistgenutzte Vorauswahlfunktion, berichtet der Betreiber einer Online-Jobbörse, bei dem Unternehmen gezielt nach Uni-Absolventen fahnden können. Einige Unternehmen gehen so weit, dass Frauen nach vergeigten Vorstellungsgesprächen eine zweite Chance gegeben wird, während sich Männer mit einem falschen Spruch herauskatapultieren können. Und der BWL-Professor einer süddeutschen Uni rät seinem Doktoranden von der Hochschullaufbahn ab mit dem Satz: »Die Unis müssen ihre Professorinnenquote massiv hochsetzen, als Mann hast du da in den nächsten Jahren kaum eine Chance.«

(...) Auch sonst sollte man keineswegs immer auf die magische 50-Prozent-Grenze schauen, denn selbst auf die Gefahr, dass es unsinnig und zunächst sogar chauvinistisch klingen mag: In einigen Branchen ist schon ein Frauenanteil von 20 Prozent zu hoch. Man schaue sich nur mal die Maschinenbau-Ingenieure an. Unter den Absolventen des Jahrgangs 2005 waren laut Hochschul-Informations-System 87 Prozent Männer und – leider, leider – nur 13 Prozent Frauen. Wie aber ist es zu erklären, dass in einigen Autokonzernen über ein Fünftel der neu eingestellten Ingenieure Frauen sind? Denkbar ist, dass irgendwelche Zufälle dazu führen, dass sich die Elite der weiblichen Ingenieure ausschließlich dort konzentriert. Wahrscheinlicher ist die Annahme, dass es den Personalchefs gefällt, die Frauenquote zu pushen – auch wenn damit manch besserer Mann auf der Strecke bleibt.


Man merkt dem Artikel an, dass sich sein Verfasser so weit vorwagte, wie es ihm unter ständigem Selbstgegeißel wegen seiner Geschlechtszugehörigkeit ("das mag jetzt chauvinistisch klingen") möglich schien. Und natürlich nervt es, wenn er immer wieder Dinge als Tatsachen verkauft, die allein seiner Spekulation entsprießen. Aber einige Passagen des Artikels könnten auch von einem lupenreinen Männerrechtler stammen. Mal schauen, wie sich das in den nächsten Jahren noch entwickelt. Vielleicht traut sich auch ein "Zeit"-Journalist irgendwann, mit Frauen auf Augenhöhe zu diskutieren.