Revolutionärer Umbruch in der deutschen Gewaltforschung
Die Goslarer Gleichstellungsbeauftragte Monika Ebeling (vormals Dittmer) berichtet in ihrem Blog Geschlechterdemokratie von der gestrigen Abschlussveranstaltung der EKD zur Dekade des Ökumenischen Rates der Kirchen “Gewalt überwinden”. Dort stellte der Soziologe Peter Döge seine Studie vor, der zufolge Frauen und Männer auch in Deutschland gleichermaßen von häuslicher Gewalt betroffen sind. Einige Schlaglichter aus Monika Ebelings Zusammenfassung der Veranstaltung:
Das Revolutionäre: Die friedfertige Frau gibt es nun nicht mehr. Die weiße Weste des weiblichen Geschlechtes hat dunkle Flecke bekommen und das erleichtert, wie es eine Zuhörerin ausdrückte.
(...) Wie wird diese Erkenntnis in den Frauennetzwerken aufgenommen werden? Die kämpferische Seite der Frauen ist unserer Gesellschaft nicht erst mit Anbruch radikalfeministischer Zeiten bekannt. Auf welche plumpen Zurückweisungen muss man sich jetzt einstellen?
Es wird vielleicht heißen, 'man wolle die Frauenhäuser abschaffen'. Das hatten wir ja bereits als Prof. Amendt auf dieses Thema hinwies. Anstatt die neuen, aber eigentlich alten Daten (in Amerika sind sie längst in der Diskussion und in die Fachwelt eingegangen), zur Weiterentwicklung und der eigenen Fortbildung zu nutzen, holt man zum Angriff aus.
(...) Vom Bundesministerium gefördert müssten 5.000 Frauen und 5.000 Männer befragt werden, um dem Thema empirisch weiter nachspüren zu können.
Doch vom Ministerium war niemand anwesend, der diese Forderung auf den politischen Tisch bringen könnte. Es glänzte trotz Einladung mit Abwesenheit und hat sich damit eher befleckt, als geschmückt. Scheut man die eindeutige Positionierung und den Druck der feministischen Schwestern? Gerade letztere haben vom Manne wenig übrig gelassen, wie es Hollstein in seinem gleichlautenden Buch darlegt. Sie haben es geschafft, dass Täterschaft im öffentlichen Bewusstsein unreflektiert mit Männlichkeit gleichgesetzt wird.
(...) Der Komplexität des Themas würde man nicht gerecht, wenn man in diesem einfachen Schema hängen bleibt. Erst recht würde es an Hilfestrukturen fehlen, die wirklich helfen können. Bezeichnenderweise gehen z.B. Frauen, die in Frauenhäuser Zuflucht suchen überaus häufig wieder in ihre Gewaltsituation zurück. Ist ihnen im Frauenhaus dann wirklich geholfen worden? Andererseits haben Männer wenig Chance ihr Opfersein zu thematisieren, da ihnen geeignete Hilfestrukturen fehlen.
Männer erleiden mehr sexualisierte Gewalt als Frauen hat diese Studie ergeben und damit auch dieses Themenfeld männlich besetzt. Ein großes Dunkelfeld an sexualisierter Gewalt gegen Männer tut sich auf, die Tragweite und Schwere der Studie wird spätestens jetzt deutlich.
(...) 10 % der Frauen sagen sie haben gegen Kinder Gewalt ausgeübt, diese richtet sich doppelt so häufig gegen den Sohn als gegen die Tochter.
(...) Es gibt keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen Einstellung und Gewaltaktivität. Homophobie oder eine antifeministische Haltung wirken sich nicht in erhöhter Gewaltaktivität aus.
Die subjektive Einschätzung zum Leben, Optimismus, Lebenszufriedenheit und Kindheitsglück, aber auch Alkohol befördern Gewalt mehr als Homophobie und Antifeminismus, ohne Unterschied der Geschlechter.
(...) Wir müssen uns von der geschlechtsstereotypen Sichtweise lösen, dieses Bild ist hinfällig, sperrt uns nur den Zugang für die Komplexität der Gewaltverhältnisse. Die Arbeit in den Frauenhäusern muss sich von einer mechanistischen Sicht auf Täter und Opfer lösen. Wir müssen uns eben fragen, was da eigentlich passiert, wie es sich aufbaut, bis es zur Gewalt kommt. Wir brauchen eine gute männliche Opferarbeit und müssen die weibliche Opferarbeit den neuen Erkenntnissen anpassen. Dabei müssen wir berücksichtigen, dass 82,5 % der Frauen und 85 % der Männer Gewalt erlitten haben, bevor sie solche ausübten.
Eine lesenswerte Zusammenfassung dieser Veranstaltung findet man auch im Forum Männerrechte von MANNdat.
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