Montag, Januar 17, 2011

FOCUS und CSU ziehen gegen "unterhaltsflüchtige" Väter zu Felde

Die letzte Ausgabe des FOCUS beinhaltete ein Interview mit der CSU-Familienministerin Christine Haderthauer. Natürlich erscheinen darin Frauen einmal mehr als die besseren Menschen:

Das ist ein überwiegend männliches Delikt, Ich wette, dass kaum eine Mutter ihr Kind um den Unterhalt prellen würde.


Diese Wette würde die CSU-Ministerin verlieren. Denn, so erklärte schon vor mehreren Jahren Rosemarie Rittinger vom Interessenverband Unterhalt und Familienrecht, um die Zahlungsmoral vieler Frauen stehe es wirklich schlecht: "Für Väter ist das selbstverständlich, aber Müttern müssen Sie das erst mal klarmachen." Von den unterhaltspflichtigen und zahlungsfähigen Müttern kommen nur zehn Prozent ihren Verpflichtungen nach, glatte 90 Prozent sind unterhaltssäumig. Das alte Rollenmodell, dem zufolge der Mann für seine Familie zu sorgen hat, sitzt noch immer betonfest in etlichen Köpfen.

Auch wissen wir längst, dass die Bereitschaft von Vätern, Unterhalt zu zahlen, sprunghaft ansteigt, je mehr ihnen Kontakt zu ihren Kindern gewährt wird. Hier allerdings errichten zahllose Mütter Blockaden – ein zentrales Problem, das in dem FOCUS-Interview gar nicht erst auftaucht.

Die letzte große ministerielle Kampagne gegen angeblich massenhaft unterhaltsflüchtige Väter ging 1998 von der damaligen Bundesfrauenministerin Claudia Nolte aus. Damals hatte ich dazu in meinem Buch "Sind Frauen bessere Menschen?" unter anderem geschrieben:

Es ist keineswegs der Fall, daß die meisten Väter, die keinen Unterhalt zahlten, dies aus niederträchtigen Motiven taten. Aufgrund einer zigfach zitierten Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der SPD ist in 70 bis 75 Prozent jeder Versuch, den Unterhalt einzutreiben, von vorneherein aussichtslos, weil die Väter infolge der Scheidung vollkommen verarmt sind und selbst nichts genug zum Knabbern haben. Dies bestätigen z. B. auch die Hamburger Jugendbehörde und der Interessenverband Unterhalt und Familienrecht in Nürnberg. Schuld daran, so konnte man sich selbst in einer „Mona-Lisa“-Sendung zu diesem Thema vorrechnen lassen, ist das bundesdeutsche Steuerrecht, das einen Mann nach der Scheidung von Steuerklasse drei in Steuerklasse eins rutschen läßt, wodurch ihm tausend Mark im Monat verlorengehen. Der erforderliche Betrag, um eine vierköpfige Familie einschließlich sich selbst nach Trennung und Scheidung einigermaßen über die Runden zu bringen, entspricht 9.000,- DM im Monat, also etwa dem Doppelten des statistischen Durchschnittseinkommens. „Mona Lisa“ empfahl den betroffenen Frauen übrigens, wirtschaftlich unabhängig zu werden und so schnell wie möglich ein eigenes Einkommen zu verdienen.


Dass viele Väter sich "das Geld nicht abknapsen" können, räumt immerhin auch Ministerin Haderthauer ein. Wie immens hoch dieser Anteil offenbar ist, lässt sie indes unter den Tisch fallen. Vielleicht sollte man diese Frage erst einmal klären, bevor man das Feindbild des egoistischen Rabenvaters wieder aus der Mottenkiste holt.