Jan Fleischhauer: Sarrazin erhält Beifall vom Mob
Mit seinem Buch und dem daraus hervorgegangenen Film "Unter Linken" wurde der Publizist Jan Fleischhauer zu einem der bekanntesten Kritiker der Linken und Wegbereiter eines neuen konservativen Stolzes. Auch am Islam und vor allen dessen Funktionären hat er einiges auszusetzen. Aber nach einigen Wochen dämmert es allmählich auch Fleischhauer, was Sarrazins Fanblock eigentlich antreibt:
Am Anfang ging es den Verteidigern Sarrazins um die Verteidigung der Meinungsfreiheit, inzwischen wird dieses Grundrecht als Freibrief genutzt, Ressentiments gegen Muslime und Türken ganz unverstellt zu äußern. "Für Sarrazin! Für die Freiheit!" stand auf einem Plakat, als der Autor vor kurzem in der Urania in Berlin seine Thesen präsentierte. Man fragt sich unwillkürlich: Was wird hier eingeklagt? Die Freiheit, unbequeme Wahrheiten auszusprechen? Oder die Freiheit, endlich das herauszuplärren, was man lange nicht sagen durfte, weil es auch gute Gründe für ein Tabu geben kann?
Es ist mit Rücksicht auf die Vorgaben der politischen Korrektheit aus der Mode gekommen, vom Mob zu reden. Aber es gibt kein besseres Wort für das Publikum, das sich am Freitag vorvergangener Woche in der Urania einfand. Es war ein adrett zurechtgemachter, nach Rasierwasser und Eau de Toilette riechender Mob, ein Angestelltenpöbel, den es kaum auf den Stühlen hielt, sobald die Rede auf "die Politik", "die Medien" und "die Ausländer" kam, und der zischend, johlend und klatschend seiner Aggression freien Lauf ließ. Wer nur zum Zuhören gekommen war, begann sich zwischenzeitlich ernste Sorgen um den armen Deutsch-Iraner zu machen, der als Quotenmuslim auf dem Podium Platz genommen hatte und bei jedem Satz sofort böse Zwischenrufe erntete.
Schön, dass Jan Fleischhauer aufgewacht ist. Ich weiß nicht, warum es so lange gedauert hat: Die Kommentarspalten von Online-Artikeln und Blogs wie Politically Incorrect sprachen schon zu Beginn der Sarrazin-Debatte eine überdeutliche Sprache. Aber gut, er hat es inzwischen kapiert. Schön, dass auch Roland Koch am Wochenende noch einmal klare Worte gefunden hat. Aber viele andere "Konservative" schlafen noch tief und fest. Sie verpennen eine Erkenntnis, die offensichtlich ist: Die Anti-Islam-Meute hat mit bürgerlichen Werten wenig zu tun. Und was die viel beschworene Meinungsfreiheit angeht: Viele der eifernden Moslemfresser wären die ersten, die Menschen mit anderer Meinung das Maul stopfen würden, wenn sie es nur könnten. Mit dem Niederschreien, Verleumden und Denunzieren der politischen Gegner sind sie ja jetzt schon beschäftigt, damit ein freier Meinungsaustausch erst gar nicht entstehen kann. Auch die eine oder andere Morddrohung gegen Verteidiger der Muslime ist immer mal dabei. Man setzt auf Lautstärke und auf Masse. Eben ein Mob.
Hier findet man Fleischhauers vollständigen Artikel.
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