Fünf Wochen im Herbst
Mit etwas Abstand hier eine übersichtliche Chronologie der Zeit, in der sich die Geschlechterpolitik in Deutschland zu verändern begann:
11. Oktober 2010: Auf den Seiten dieses Blogs gelangt der Bundestagsantrag "Für eine moderne Gleichstellungspolitik – Perspektiven für Jungen und Männer erweitern" an die Öffentlichkeit, der von den Bundestagsabgeordneten Michaela Noll und Volker Kauder und der Fraktion der CDU/CSU sowie Miriam Gruß und Birgit Homburger und der Fraktion der FDP eingereicht wurde.
12. Oktober 2010: Die Berliner taz überschreibt einen Artikel über diesen Antrag mit "Neue Männerpolitik braucht das Land". Gleichzeitig erklärt der Gewaltforscher Hans-Joachim Lenz in einem feministischen Blog der Heinrich-Böll-Stiftung, die Empörung über Männerrechtler entbehre nicht einer gewissen Heuchelei: "Erst ihre stärkere strategisch-öffentliche Präsenz führt dazu, dass sich Männer im Umfeld der Grünen nun trauen, ebenfalls öffentlich mit ihren Emanzipationsforderungen in Erscheinung zu treten." Allerdings falle bei Männern aus dem linken Milieu auf, "dass sie sich tendenziell entschuldigen, ein Mann zu sein".
18. Oktober 2010: Der ORF berichtet über eine österreichische Studie, der zufolge Gewalt gegen Väter zunehme.
ca. 24.-27. Oktober 2010: Feministische Vandalen beschmieren Häuser des Schweizer Ortes Uitikon und kündigen mehrfach Gewaltakte gegen das dort angekündigte Erste Internationale Antifeminismustreffen an.
29. Oktober 2010: Zehn Jahre nach dem staatlich geförderten Frauengesundheitsbericht wird ein privat finanzierter Männergesundheitsbericht vorgelegt.
30. Oktober 2010: Das Erste Internationale Antifeminismustreffen findet trotz der Gewaltdrohungen statt, wird Berichten der Teilnehmer zufolge zu einem großen Erfolg und führt zu einer breiten Berichterstattung in den Medien.
3. November 2010: Das Magazin "Kulturzeit" auf 3sat thematisiert die hohen Zahlen männlicher Opfer von häuslicher Gewalt (8000 allein in Berlin im vergangenen Jahr), die von der Politik komplett ignoriert werden.
4. November 2010: Die "Tagesthemen" berichten, dass die Diskriminierung männlicher Gewaltopfer keine Seltenheit sei.
5. November 2010: Das profeministische "Bundesforum Männer" wird gegründet, zu dessen Mitgliedern auch ideologisierte Skandalvereine wie "Dissens" gehören. Die Gründung des Forums bleibt von den Medien weithin unbeachtet; in der Männerszene (Foren, Blogs, Gruppen wie AGENS und MANNdat) gibt es mehr negative als positive Resonanz. Vorherrschender Eindruck: Das Bundesforum wolle vor allem Männer so formen, wie Feministinnen sie haben wollen – und gleichzeitig der Öffentlichkeit vormachen, Jungen und Männer hätten eine politische Vertretung ihrer Anliegen im Bundesfrauenministerium. Allein das feministische Blog "Mädchenmannschaft" freut sich über die Gründung des Bundesforums. Aber auch dort lautet der erste Leserinnenkommentar (einer Petra K.): "In meiner Umgebung sind eigentlich so ziemlich alle Männer, die dazu überhaupt eine Meinung haben, der Meinung, dass das Bundesforum Männer die wirklich konservative Anstalt ist, gegründet vorrangig mit dem Ziel, Vereinen wie Manndat, die im Gegensatz zu feministischen Lobbyisten an wirklicher Gleichberechtigung interessiert sind, das Wasser abzugraben. Und dabei das alte Lied singen von der gesellschaftlichen Benachteiligung von Frauen, denen Männer helfend unter die Arme greifen müssen, während Probleme von Männern generell als privat verschuldet angesehen werden."
8. November 2010: In einem Interview mit der Zeitschrift SPIEGEL kritisiert Familienministerin Kristina Schröder Aspekte des Feminismus. Voller Wut drischt daraufhin Alice Schwarzer auf Schröder ein, findet aber außer bei bestimmten Politikerinnen weit weniger Rückhalt als noch Jahre zuvor bei ihrem Mobbing Eva Hermans. Eine ganze Reihe von Publizisten – aber auch Besucherinnen von Schwarzers Website – beanstanden stattdessen das Auftreten Schwarzers.
9. November 2010: Zum ersten Mal seit langer Zeit spricht ein Mainstreammedium aus, dass der feministische Kaiser keine Kleider trägt: Thomas Steinfeld erklärt in der "Süddeutschen Zeitung", dass es nicht der Feminismus, sondern die veränderte Arbeitswelt war, die zur Emanzipation der Frau führte – und zerstört damit einen lange gehegten Mythos. Am selben Tag stöhnt Alice Schwarzer in einem offenen Brief an Kristina Schröder über die mediale Macht, die sich die Männerrechtsbewegung inzwischen angeeignet habe.
10. November 2010: Gleich am nächsten Tag wird ein weiterer beliebter Mythos abgeräumt: Wie zuvor schon das statistische Bundesamt legt nun auch das Institut der deutschen Wirtschaft eine Studie vor, die den populären Irrtum widerlegt, Frauen würden für die gleiche Arbeit 23 Prozent weniger verdienen als Männer.
11. November 2010: Die Arbeitsgemeinschaft der Männerarbeit in der EKD fordert die SPD auf, den männerfeindlichen Inhalt ihres Grundsatzprogramms zu tilgen.
12. November 2010: Die Bundesregierung ernennt erstmals einen "Beirat Jungenpolitik". Ähnlich wie die Mitglieder des Bundesforums Männer setzt er sich jedoch vor allem aus Leuten zusammen, die der feministischen Ideologie entsprungen sind. (Näheres hier.)
13. November 2010: In der Abschlussveranstaltung der EKD zur Dekade des Ökumenischen Rates der Kirchen “Gewalt überwinden” legt der Männerforscher Peter Döge eine Studie zur häuslichen Gewalt vor, die auf die hohe Rate männlicher Opfer hinweist. Damit zerbirst endgültig ein weiterer Mythos – diesmal der von der friedfertigen Frau, dem Täter Mann und der häuslichen Gewalt als Erscheinungsform des "Patriarchats". Viele Männerrechtler sehen in diesem "revolutionären Umbruch" (Döge) ihre Position bestätigt, für die sie lange angefeindet worden waren. Vertreter des Bundesfrauenministeriums bleiben der Veranstaltung genauso demonstrativ fern, wie sie zuvor Veranstaltungen zur Jungenkrise ferngeblieben waren.
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