Montag, Januar 17, 2011

Orientierung an rechtem Nonsens bringt FOCUS in Schwierigkeiten

Die Vorschusslorbeeren waren verfrüht ausgegeben: Die Masche, analog zur Schweizer "Weltwoche" und vielen Blogs, vor allem auf rechtskonservative Leser zu setzen und Titelgeschichten anzubieten, die zwischen provokant und absurd changieren, scheint sich für den FOCUS derzeit nicht auszuzahlen:

Insgesamt neun Mal fiel die Auflage im Einzelverkauf im zweiten Halbjahr 2010 unter die ohnehin maue Marke von 100.000 Heften. Die erste Pleite war ein Wirtschaftswunder-Titel: "Ja, der Aufschwung ist da!" (Heft 30/10; 98.366 Exemplare). Zuletzt ging ein Titel baden, auf dem der "unheimliche" Wikileaks-Mitbegründer Julian Assange zu sehen war (49/10; 85.991 verkaufte Hefte).

(...) In der Woche, in der das Hamburger Magazin zusammen mit dem Guardian, der New York Times und anderen Medien exklusiv die ersten Geheimdepeschen amerikanischer Diplomaten präsentierte, entschied sich der Münchner Konkurrent für einen kruden Titel zum Thema globale Erwärmung ("Prima Klima!").

Der Eisbär auf dem Cover, dem die Redaktion allen Ernstes eine Sonnenbrille aufsetzte, lockte am Kiosk 84.225 Käufer (mit Abos und sonstigen Verkäufen: 536.416). Der Spiegel kam im Einzelverkauf auf 481.355 Exemplare (gesamt: 1.113.981).

Zum Lesermangel kommt der Mitarbeiterschwund. Weil die Geschäfte so mager liefen, mussten beim Focus kürzlich 80 Mitarbeiter die Redaktion verlassen. 150 sind geblieben - und haben entsprechend gut zu tun. Auch, weil Weimer offenbar deutlich mehr Texte einfordert, als ins Blatt passen.


Über die absurde Klimawandel-Titelgeschichte (verbrochen von Michael Miersch, Weimers Kompagnon auf der "Achse des Guten") hatte ich mich hier schon einmal kurz geäußert. Erfreulich, dass die meisten Leute diesen Unfug gleich im Zeitschriftenladen liegen ließen.

Es gibt allerdings immer noch Beiträge und Autoren, mit denen der FOCUS glänzen und sich von der Konkurrenz positiv absetzen kann:

Das Debatten-Ressort etwa, unter Leitung des knochenkonservativen, aber wunderbar witzigen Michael Klonovsky.


In der Tat: Klonovsky etwa veröffentliche kürzlich eine vielfach anerkennend zitierte Abrechnung mit dem Gender-Mainstreaming – und war auch schon Jahre vorher durch glänzend recherchierte feminismuskritische Artikel aufgefallen. Von solchen Beiträgen wünscht sich auch so mancher linke Leser gerne etwas mehr.