5. Februar 2006
Noch einen schönen Artikel zur Karikaturen-Debatte liefert uns Jürgen Gottschlich aktuell im SPIEGEL. Lesenswert ist der Beitrag in seiner Gesamtheit, hier nur ein paar Auszüge: “Am Anfang schien alles ganz einfach. Ein Buchautor hatte Schwierigkeiten, Künstler zu finden, die sein Werk mit ein paar lustigen Zeichnungen über den Propheten Mohammed bereichern könnten. Nach dem Motto `Bild kämpft für Sie´ nahm sich die auflagenstärkste Zeitung des Landes des Problems an und forderte die einheimischen Karikaturisten auf, Mut zu fassen und endlich mal, ohne Schere im Kopf, den dämlichen Mullahs, potentiellen Ehrenmördern und Ziegenfickern richtig die Meinung zu sagen. Per Bild, damit diese Analphabeten es auch verstehen. (…) Schließlich lautet das Motto der dänischen rechtsliberalen Regierung seit ihrem Amtsantritt: Wenn es euch bei uns nicht passt, geht doch nach Hause. Keine andere europäische Regierung agiert so offen fremdenfeindlich wie die dänische. (…) Nun haben die Angesprochenen, nachdem man es ihnen lange genug eingehämmert hatte, die Botschaft endlich verstanden und sie sind `nach Hause´ gegangen. Wo sie in Dänemark kein Verständnis mehr finden konnten, suchten sie Unterstützung bei der Al-Aksa Moschee in Kairo, deren Gelehrte so etwas wie die muslimische Glaubenskongregation darstellen. Seitdem schlottert den Helden der Meinungsfreiheit plötzlich die Hose. Seit es nicht mehr nur darum geht, einer Minderheit zu zeigen, was sie gefälligst zu akzeptieren hat, wird Entschuldigung geheuchelt. (…) Wegen ein paar Karikaturen, das kann doch wohl nicht wahr sein!!! Das muss doch wohl erlaubt sein! Sicher, mit genügend Dummheit im Gepäck ist alles erlaubt. In einem kurzen Interview im ZDF erklärte der Deutschland Korrespondent von al Dschasira am Freitagabend dem deutschen Publikum worum es eigentlich geht: Seit etlichen Jahren haben die muslimischen Einwanderer in Europa das Gefühl, ständig an den Pranger gestellt zu werden und keinerlei Respekt mehr zu genießen. Irgendwann genügt eine letzte Aktion, um ein Fass überlaufen zu lassen, dass seit langem mit Frust und Wut gefüllt wurde. (…) Das funktioniert wie kommunizierende Röhren und plötzlich kommt es zum Knall. Haben wir jetzt den lange herbei geredeten Kampf der Kulturen? Wenn man lange genug daran arbeitet, ist es vielleicht bald soweit. Religiöser Fanatismus und Armut auf der einen Seite, Arroganz und die Angst um den eigenen Reichtum auf der anderen Seite, bilden derzeit eine Mischung, die hochexplosiv ist.“
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