Montag, Oktober 11, 2010

"Unter Kartoffeln" – Was steckt hinter der "Deutschenfeindlichkeit"?

"Kartoffel!", "Nazi"oder auch: "Du Opfer!" Solche Sprüche soll man in letzter Zeit vermehrt an manchen Schulen hören, an denen der Anteil von sozial benachteiligten Schülern mit "Migrationshintergrund" besonders hoch ist. Die Klage von Lehrern darüber war denn auch der Aufhänger einer Tagung, die die Berliner GEW am vergangenen Samstag ausgerichtet hatte. An deren Ende waren sich die meisten Teilnehmer einig: Der Begriff "Deutschenfeindlichkeit" taugt nicht zur Analyse der vorhandenen Konflikte. Dennoch - am darauffolgenden Montag titelte die Berliner Morgenpost: "Wie Araber und Türken deutsche Schüler mobben". "Schule und Integration. Das Gift der muslimischen Intoleranz" schrieb die FAZ. Wie kann es sein, dass die mediale Rezeption die Tagungsergebnisse so ins Gegenteil verkehrt hat?

(...) Diese Haltung führt dazu, dass bei der Bewertung des sozialen Verhaltens von Serkan und Sebastian verschiedene Maßstäbe angelegt werden. Ist Sebastian frech gegenüber seiner Lehrerin, so ist er einfach nur schlecht erzogen, die Gründe für sein Handeln liegen im Individuum. Tut Serkan das Gleiche, kommt sofort der Verdacht auf, es läge an seiner "Kultur", sein Handeln speise sich aus dem Kollektivcharakter der Gruppe, der er zugerechnet wird. Während Sebastian also "einer von uns" ist und vielleicht noch lernen muss, sich als Individuum besser zu benehmen, muss Serkan sich erst mal "integrieren" und an "deutsche" oder wahlweise "westliche" Werte herangeführt werden, die Sebastian qua kultureller Zugehörigkeit selbstverständlich verinnerlicht hat.


Die taz fühlt dem Medienspektakel über eine angebliche neue "Deutschenfeindlichkeit" auf den Zahn.