Dienstag, November 09, 2010

"Süddeutsche Zeitung" kritisiert "gewaltige Selbstüberhebung" der Feministinnen

Noch mehr Feminismuskritik aus der linksliberalen Ecke: Die "Süddeutsche Zeitung" (!) weist darauf hin, dass die ständige Selbstbeweihräucherung von Alice Schwarzer & Co., sie hätten gegen harte Widerstände des Patriarchats die Gleichberechtigung der Frau im Beruf durchgesetzt, mit der Realität wenig zu tun hat. Ich greife mal zwei entscheidende Absätze des Artikels heraus:

Vielmehr blühte diese weibliche Volksbewegung erst auf, als die Politik ihr längst entgegenkam, als die Wirtschaft auf diese Ressource an Arbeitskraft nicht mehr verzichten wollte, als der freie Wettbewerb alle ständischen, geschlechtlichen und kulturellen Unterschiede längst aufzulösen begonnen hatte. Und doch glauben nach wie vor viele Frauen aus der ersten Generation der voll berufstätigen und selbständigen Frauen - und zu ihnen gehört Alice Schwarzer -, dass der gesellschaftliche Wandel, der sich an ihnen darstellt, von ihnen allein durchgesetzt worden sei.

Nicht nur Alice Schwarzer überschüttet nun Kristina Schröder mit Vorwürfen und Einwänden. In ihrer Selbstgefälligkeit und Bosheit mag sie einzig sein, aber sie zieht einen ganzen Schwarm von Politikerinnen hinter sich, die alle finden, Frau Schröder habe nicht nur "keinerlei Verständnis für die historische Bedeutung des Feminismus" (Manuela Schwesig), sondern unterschätze auch nach wie vor die Benachteiligung der Frau, wie sie sich in ungleicher Bezahlung, mangelnder Vereinbarkeit von Beruf und Familie, fehlender Präsenz in Führungspositionen und dergleichen äußere.


Auch hier ist es durchaus sinnvoll, sich den gesamten Artikel zu Gemüte zu führen. Denn er ist zentral für das Verständnis der Feminismuskritiker und Antifeministen. Ob aus Unkenntnis oder Boshaftigkeit wird dieser Bewegung ja immer wieder vorgeworfen, sie sei gegen die Emanzipation der Frau und gegen die Gleichberechtigung gerichtet. Das ist aber nicht wahr. Kritisiert wird vielmehr eine in weiten Teilen stockbescheuerte Ideologie (unter anderem von der Frau als besserem und dem Mann als minderwertigen Menschen), die sich auf diese ohnehin stattfindende Entwicklung draufpflanzte. Natürlich gibt es innerhalb des Feminismus inzwischen auch liberale, nicht-sexistische Seitenströme; die Blogroll meines Blogs Genderama verlinkt auf einige davon. Der Mainstream-Feminismus indes bleibt ein intellektuelles und moralisches Ärgernis. Und nur dagegen richtet sich unsere Kritik.

Ich bezweifle übrigens sehr, dass die "Süddeutsche Zeitung" einen solchen Artikel gebracht hätte, wenn Kristina Schröder sich nicht mit den Äußerungen vorgewagt hätte, für die sie jetzt derart angefeindet wird. Und Ministerin Schröder wiederum hätte dieses Interview womöglich nicht riskiert, wenn Männerrechtler nicht im Lauf der letzten Jahre zu einem Klima beigetragen hätten, in dem solche Äußerungen ohne Gefahr für die politische Karriere möglich sind.