Navid Kermani: "Ich will mehr Westen"
Die Frankfurter Rundschau hat ein spannendes Interview mit dem deutsch-iranischen Publizisten und Islamwissenschaftler Navid Kermani geführt. Ein Auszug:
Die Schwingungen in der ägyptischen Gesellschaft konnte jeder wahrnehmen, der das wollte. Allerdings steht diese Wahrnehmung in krassem Gegensatz zu den öffentlichen Bildern über das Land. Man muss sich doch fragen, weshalb wir uns verwundert die Augen reiben, wenn auf den Bildern aus Kairo oder Tunis ganz „normal" wirkende Bürger und Bürgerinnen erscheinen, deren Wünsche und Hoffnungen gar nicht so sehr anders sind als unsere eigenen. Die Wirklichkeit und die deutsche Talkshow-Realität sind so weit voneinander entfernt wie der Mars vom Jupiter.
Ich sehe CNN und werde einigermaßen umfassend und gegenwartsnah informiert, von Reportern, die in der Menge stehen, und in Debatten, die mit der aktuellen Situation jedenfalls zu tun haben, an denen immer auch die Akteure selbst zu Wort kommen – in denen Araber auftreten, ganz banal! Das Gleiche gilt, wenn ich BBC oder Al Dschasira schaue. Nur wenn ich im deutschen Fernsehen zappe, höre ich lauter Figuren aus dem 19. Jahrhundert darüber schwadronieren, dass im Islam Staat und Politik eins seien. Oder sie diskutieren, ob „der Islam keine Freiheit kann". Alles Fragestellungen aus einem hundert Jahre alten kolonialistischen Diskurs. Das heißt: Was in Ägypten passiert, wird bei uns durch eine religiös gefärbte koloniale Brille betrachtet. Es ging aber in Ägypten nicht um Religion. Die realen Probleme haben nichts mit einem „Aufmarsch der Gotteskrieger" zu tun.
Hier findet man das vollständige Interview.
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