noch 3. Mai 2006
Wie die FAZ heute auf Seite 46 berichtet, ist die britische BBC für ihre Berichterstattung über den israelisch-palästinensischen Konflikt getadelt worden – allerdings nicht so, wie man es sich nach der lautstarken Rhetorik der israelischen Seite hätte vorstellen mögen. Tatsächlich befand das unabhängige Gremium unter dem Vorsitz eines früheren Leiters der politischen Abteilung im Nordirland-Ministerium:
--- Obwohl das Gremium keine absichtliche oder systematische Voreingenommenheit erkennt, kommt es zu dem Schluß, daß die BBC implizit die israelische Seite bevorzuge. Die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt versäume es, "die Disparität zwischen der israelischen und palästinensischen Erfahrung" hinreichend zu vermitteln, die sich darin zeige, daß eine Seite die Kontrolle habe und die andere besetzt sei. Nur einen geringen Prozentsatz palästinensischer Verluste erwähne die BBC in ihren Nachrichten, während über der Tod von mehr als einem Israeli durch palästinensische Angriffe stets berichtet werde. Wenn Israelis litten, geschehe dies meist infolge eines Terror-Angriffs, der unweigerlich als berichtenswert gelte, heißt es in dem Bericht. In den letzten Jahren seien aber viel mehr Palästinenser umgekommen, allerdings unter weniger dramatischen Umständen, die weniger wirkungsvolle Bilder hergäben. Israelische Kommentatoren kämen zudem häufiger zu Wort als Palästinenser. ---
Überraschend? Schließlich gibt es ein lautstarkes Netzwerk, das bei jeglicher Kritik am israelischen Vorgehen spontan auf die Barrikaden geht. Erster Schritt: Man versucht den Kritiker in einem besonders lautstarken Wutausbruch einzuschüchtern und mit Schmutz zu bewerfen. Zweiter Schritt: Man verfasst ein paar pseudoanalytische, aber in Wahrheit bereits stark vorurteilsbelandene Texte verfasst, die eben jenen „neuen Antisemitismus“ belegen sollen (was allerdings nur anhand der zugrundgelegten Schablone gelingt und so zur sich selbst bestätigenden Vorannahme gerät). Jeder getötete Palästinenser, über den dann tatsächlich doch berichtet wird, gerät Fanatikern so zum neuen Beleg für den Judenhass der westlichen Medien. Die palästinesische Seite verfügt über keinen vergleichbaren Apparat an Lobbyisten. Auf zehn Bücher zum „neuen Antisemitismus“ kommen null zum „neuen Antipalästinensismus“, weil es nicht einmal dieses Wort gibt, diese Vorstellung nicht einmal gedacht werden kann. Wie man aber sieht, gelangt eine neutrale Analyse zu ganz anderen Ergebnissen als von vielen gewünscht. Hierzulande kann man auf ein entsprechendes Gremium wohl noch lange warten. Dass hier hin und wieder einzelne Experten, wie aktuell der frühere Weltbankpräsident James Wolfensohn klare Worte äußern, muss uns offenbar reichen.
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