Freitag, Dezember 17, 2010

Gender-Studien auf der Ölplattform

Prozesse wie "Undoing Gender" (lernen, sich entgegen der traditionellen Geschlechterrolle zu verhalten) werden insbesondere vom konservativen und rechtskonservativen Teil der Männerbewegung als "Umerziehung" betrachtet – sowie als aussichtslos hinsichtlich der gemutmaßt übermächtigen biologischen Prägung des Geschlechts. Eine neue Studie weist jedoch darauf hin, dass auch die kernigsten Machomänner von "Undoing Gender" profitieren könnten:

Psychologists investigating two (non-BP) deep-water, offshore oil rigs in the Gulf of Mexico have applauded the working-practices they observed, claiming they allowed the predominantly male workforce to 'undo' gender - that is, to stop pursuing a counter-productive, masculine ideal.

Setting the scene in their new paper, Robin Ely and Debra Meyerson argue that dangerous work-places have traditionally encouraged male staff to 'do gender' by demonstrating physical prowess, taking risks, concealing technical incompetence and coming across as fearless and unflappable. Such behaviours detrimentally affect staff training, lead to accidents and poor decision making, human rights violations, and the marginalisation of female colleagues. Oil rigs would normally be the classic example of such a work culture, but during several visits to two Gulf of Mexico rigs, the researchers and their colleagues found that a strong corporate focus on safety had led the staff to acknowledge their physical limitations, to be open about their skill shortcomings and freely express their feelings.

Ely and Meyerson highlight three specific work-place factors that they say led the workers to 'undo gender': having collectivist goals (especially putting safety first); defining competence according to task requirements rather than masculine ideals; and having a learning orientation towards work.


Hier findet man den vollständigen Artikel.

Nun ist das lediglich eine einzelne Studie, und wie Männer anstelle von Frauen von Genderpolitik profitieren können, wird in unserer feministisch geprägten Gesellschaft kaum untersucht. Bekanntlich bin ich aber grundsätzlich dagegen, Untersuchungen schlicht zu ignorieren, die einem ideologisch gerade nicht in den Kram passen – ein Verhalten, dem sich viele Linke ebenso schuldig machen (vgl. etwa die zahllosen Studien zur Geschlechterverteilung bei häuslicher Gewalt) wie viele Rechte (vgl. etwa die zahllosen Studien zum Klimawandel). Ideologisch bedingte Sturheit dient einer konstruktiven Problemlösung aber nicht. Sie hindert einen lediglich beim Denken. Wenn ich nie untersucht hätte, ob die überall zitierten feministischen Behauptungen überhaupt mit der Wirklichkeit im Einklang stehen, wären meine Bücher zu diesem Thema nie geschrieben worden.

Ein relevantes Gegenargument zu der zitierten Untersuchung wäre, dass sich das kritisch betrachtete traditionell männliche Verhalten nicht zufällig entwickelt hat, sondern weil es sich über lange Zeit bewährt hat. Die Studie richtet den Blick allein auf die Faktoren, bei denen sich dieses Geschlechtsverhalten negativ auswirkt, nimmt aber offenbar jene Aspekte als selbstverständlich hin, die es den jeweiligen Männern überhaupt ermöglichen, ihren schwierigen Job auszuführen. Beispielsweise zeigen Experimente, dass die traditionellen Machomänner größeren Belastungen standhalten; sie sind vermutlich auch hartnäckiger und mutiger.

Über solche Fragen wäre eine konstruktive Sachdiskussion zwischen Soziologen, Feministinnen, Männerrechtlern und weiterer Fraktionen wünschenswert. Ich bin aber sehr zuversichtlich, dass ein solches Gespräch durch die üblichen gegenseitigen Vorwürfe der Radikalen beider Seiten ("Viel zu links!" – "Viel zu rechts!") weiterhin erfolgreich unterbunden wird.

Nachtrag am nächsten Tag: Ich war wohl allzu skeptisch, zumindest was diese Studie angeht. Eine Diskussion auf Sachebene gibt es inzwischen hier.