Sonntag, Dezember 26, 2010

Neues Jahrzehnt, neue Machtfrage

Ein aktuelles Fundstück:

Auch die Geschlechterrollen werden intensiver verhandelt: Plötzlich sind es Männer, die Gleichberechtigung fordern. Das kürzlich abgehaltene erste «Antifeminismus-Treffen» zeugt davon. (...) In einer Woche beginnt ein neues Jahrzehnt. Es wird uns mehr Vernetzung, mehr Komplexität und mehr Ungewissheiten bringen. Verteilkämpfe werden zunehmen, Machtfragen sich verschärfen. Keine fröhliche Aussicht. Wir werden wieder mehr kämpfen müssen.


Die Schweizer Sonntagszeitung stellt die jüngsten Verschiebungen im Geschlechterkonflikt in einen größeren Zusammenhang. Wozu man anmerken könnte, dass Männer nicht "plötzlich", sondern sukzessive schon mindestens ein Jahzehnt lang um Gleichberechtigung gekämpft haben - nur ist jetzt offenbar die Schwelle überschritten, wo diesen Bestrebungen auch außerhalb der Männerszene Aufmerksamkeit zuteil kommt. Aber ja, "mehr Komplexität, mehr Ungewissheiten" - dem würde ich zustimmen. Das alte, einfache Klischeebild vom unterdrückenden Täter Mann und dem leidenden Opfer Frau - diese vermeintliche "Gewissheit" ist zugunsten einer wesentlich größeren Komplexität gewichen. Und das lässt sich auch nicht mehr umkehren, so viele Menschen auch das vertraute, wesentlich übersichtlichere Schema zurückhaben möchten. Das Thema "Geschlechterkonflikt" ist unweigerlich vom Hauptschul- zum Gymnasialniveau gewechselt. Wer trotzdem noch Bauernfängerei im Lager derer betreibt, denen das alles viel zu kompliziert ist, indem er so tut, als sei immer noch alles ganz einfach, der betreibt das, was man in anderen Zusammenhängen als "Populismus" bezeichnet.