Freitag, Mai 13, 2011

"Kristina Schröder lügt"

Unter der Betreffzeile "Schröder lügt" erreichte mich heute Morgen die folgende Lesermail:

Familienministerin Schröder lügt, wenn sie in ihrer Presseerklärung behauptet:

"Trotz seiner Fokussierung auf die Gewalt an Frauen ist das Europaratsübereinkommen hinsichtlich der geforderten Rechtsvorschriften bewusst geschlechtsneutral formuliert, um eine Benachteiligung von männlichen Gewaltopfern bei gesetzlichen Schutzmaßnahmen vor Gewalt zu vermeiden."

Wie man dem Vertrag entnehmen kann (Amtssprachen des europäischen Rates sind lediglich Englisch und Fanzösisch, deshalb gibt es noch keine deutsche Übersetzung; und selbst nach deren Erstellung ist sie nicht offiziell gültig), wird nämlich schon in der Präambel postuliert, dass Frauen unter Gewalt mehr leiden als Männer und dass sie davon mehr betroffen sind als diese:

"Condemning all forms of violence against women and domestic violence;

Recognising that the realisation of de jure and de facto equality between women and men is a key element in the prevention of violence against women;

Recognising that violence against women is a manifestation of historically unequal power relations between women and men, which have led to domination over, and discrimination against, women by men and to the prevention of the full advancement of women;

Recognising the structural nature of violence against women as gender-based violence, and that violence against women is one of the crucial social mechanisms by which women are forced into a subordinate position compared with men;

Recognising, with grave concern, that women and girls are often exposed to serious forms of violence such as domestic violence, sexual harassment, rape, forced marriage, crimes committed in the name of so-called “honour” and genital mutilation, which constitute a serious violation of the human rights of women and girls and a major obstacle to the achievement of equality between women and men;

Recognising the ongoing human rights violations during armed conflicts that affect the civilian population, especially women in the form of widespread or systematic rape and sexual violence and the potential for increased gender-based violence both during and after conflicts;

Recognising that women and girls are exposed to a higher risk of gender-based violence than men;

Recognising that domestic violence affects women disproportionately, and that men may also be victims of domestic violence;

Recognising that children are victims of domestic violence, including as witnesses of violence in the family;

Aspiring to create a Europe free from violence against women and domestic violence".

Und so geht das dann auch weiter:

Artikel 1, Absatz 1 a sagt (im Endeffekt) aus, dass es nicht Ziel dieser Konvention ist, Männer vor Gewalt zu schützen. Artikel 1 1 b) will Gleichberechtigung durch Frauenförderung erreichen.

Artikel 2 sagt, dass weibliche Opfer häuslicher Gewalt sicherlich unter diese Konvention fallen, bei anderen Opfern (also Männern und auch Kindern! (ja, so pervers sind die!)) wird es lediglich empfohlen; und wenn man sich auch um mänliche Opfer kümmert, soll man aber Frauen besondere Aufmerksamkeit widmen (das steht explizit in Artikel 2, Absatz 2).

Artikel 4, Absatz 2 verbietet Diskriminierung gegen Frauen, Absatz 3 erklärt u.a., dass die auf der Grundlage dieser Konvention getroffenen Maßnahmen nicht nach u.a. sex, gender und gender identity diskriminieren dürfen (was doch eigentlich Artikel 2 widerspricht?); selbstverständlich kommt danach noch ein Hammer, nämlich Absatz 4, der Sondermaßnahmen zum Schutz von Frauen erlaubt.

Im Einklang mit Artikel 2 verbietet Artikel 5 es staatlichen Behörden (und anderen Vertretern des Staates), Gewalt gegen Frauen auszuüben (warum hat man hier wohl Männer ausgelassen?).

Artikel 6 spricht mal wieder von Gleichstellung der Geschlechter und Frauenförderung.

Artikel 12, Absatz 1 beauftragt die Unterzeichnerstaaten dazu, ihre Völker vom Glauben abzubringen, dass Frauen minderwertig seien; außerdem sollen auch noch stereotype Rollen von Frauen und Männern beseitigt werden; Absatz 4 ruft dazu auf, insbesondere Jungen und Männer im Interesse eines friedlichen Miteinander umzuerziehen (wobei ihnen natürlich unterstellt wird, eine Umerziehung zu benötigen) (der Artikel, genau wie der ganze Vertrag, könnte von Dissens stammen); Absatz 4 ist der einzige Satz in dem ganzen Vertrag, in dem das Wort "boys" vorkommt.

Absatz 6 gibt noch einmal einen Auftrag zur Frauenförderung.

Laut Artikel 17 sollen die Medien zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen (häusliche Gewalt wird nicht genannt!) beitragen; in Verbindung mit der Präambel und dem Geist des Vetrages kann man darin ja schon eine Aufforderung lesen, das gegenwärtig vorherrschende (gewalttätige, dumme, unbeherrschte ...) Neandertalermännerbild noch mehr zu verbreiten, um das "Tabu" häusliche Gewalt (natürlich nur gegen Frauen) aufzubrechen.

Artikel 18, Absatz 3 sieht vor, dass lediglich weibliche Opfer Unterstützung, insbesondere solche, die auf wirtschaftliche Unabhängigkeit zielt, erhalten.

Laut Artikel 20 sollen die Unterzeichnerstaaten den Opfern (ohne Geschlechtseinschränkung) verschiedene Unterstützungsleistungen anbieten (z.B. psychologische und juristische Beratungen, finanzielle Unterstützung und auch Wohnraum). Angesichts von Artikel 2 (s.o.) weiß ich nicht, ob man hieraus Männerhäuser (oder Gewaltschutzhäuser, wie Amendt sie will) einklagen kann.

Artikel 23-25 verpflichten die Unterzeichnerstaaten, Gewaltschutzhäuser für Opfer ("insbesondere Frauen und ihre Kinder" -- schon wieder so ein Besitzanspruch gegenüber Kindern) zu errichten, Telefonhotlines zu schalten und Vergewaltigungsopfer zu schützen. Aber auch hier gilt, dass die BRD ja wegen Artikel 2 Männer einfach nicht als Opfer im Sinne der Konvention anerkennen könnte.

Artikel 31 ermöglicht es Gerichten, im Falle von häuslicher Gewalt den Umgang mit Kindern zu untersagen (wobei hier nichts darüber steht, ob es sich lediglich um Beschuldigungen handeln muss oder nicht; diese Unbestimmtheit ist wahrscheinlich beabsichtigt; übrigens unterliegt auch dieser Artikel dem Artikel 2).

Artikel 38 untersagt die weibliche Genitalbeschneidung (so wie ich es lese, sogar dann, wenn es sich um erwachsene Frauen, die ihr Einverständnis geben; diverse Schönheitsoperationen könnten davon betroffen sein; das hängt davon ab, ob "mutilation" Beschneidung oder Verstümmelung bedeutet (und wie letzteres definiert wird). Männliche Beschneidung fällt natürlich unter den Tisch.

Artikel 39 verbietet es, an Frauen Operationen vorzunehmen, die ohne ihre vorherige informierte Zustimmung zustande gekommen sind und auf Dauer ihre natürliche Reproduktionsfähigkeit beseitigen. Die Kastration von Männern (ohne deren Einverständnis und ohne sie vorher ausreichend zu informieren) wird hingegen nicht verboten, wahrscheinlich wollen sich einige Staaten Maßnahmen gegen Kinderschänder offenhalten.

Artikel 60 definiert, dass Gewalt gegen Frauen (nicht häusliche Gewalt!) als Verfolgung im Sinne der Flüchtlungskonvention ist (daraus kann frau dann Aufenthaltsansprüche ableiten). Warum dieser Artikel "Gender-based Asylum Claims" heißt, ist mir übrigens schleierhaft: Denn er ist ja ganz klar sex-based. Ich kann mich noch so sehr als Frau fühlen, ich profitiere nicht von Absatz 1.

Laut Artikel 61, Absatz 2 dürfen Opfer von Gewalt gegen Frauen (also Frauen und möglicherweise noch die Kinder), sofern sie schützbedürftig sind, nicht in ihr Heimatland zurückgeschickt werden, wenn dort ihr Leben in Gefahr wäre, die Folter oder unmenschlicher Behandlung ausgesetzt wären. (Inwieweit das für Deutschland noch relevant ist -- denn schließlich ist in Deutschland doch für alle die Auslieferung in solchen Fällen verboten (?), tut der Tatsache, dass es ungeheuerlich ist, Männer von solchem Schutz auszunehmen, keinen Abbruch.)

Dann sieht die Konvention noch die Schaffung einer Expertengruppe GREVIO zu dem Thema der Konvention vor, in welchem die Geschlechter (selbstverständlich gender) ausgeglichen (balanced) vertreten sein sollen. Wollen wir wetten, dass hierbei eine überwältigende Mehrheit von biologisch weiblichen Personen eingenommen wird?

Nach all dem glaube ich übrigens nicht mehr, dass sich durch Schröder irgendetwas zum besseren gewandt hat. Sie macht dieselbe Politik wie ihre Vorgängerin und behauptet dann frech dazu, Männer einzubeziehen; gleichzeitig lässt sie noch den ein oder anderen Spruch gegen Schwarzer los. Aber das zählt nichts.


Nachtrag 1: Inzwischen gibt es zu der Mail meines Lesers auch eine Stellungnahme des MANNdat-Vorsitzenden Dr. Eugen Maus.

Nachtrag 2: Dieser Artikel wurde ursprünglich am Mittwochmorgen veröffentlicht. Er wurde allerdings bei einer größeren technischen Panne dieses Bloganbieters gelöscht.