Montag, Mai 16, 2011

Stuttgarter Nachrichten berichten über "Provinzposse" in Goslar – Kristina Schröder will sich nicht direkt dazu äußern

In der "Goslarschen Zeitung" steigt die Betriebstemperatur. Heute tut das Blatt in einem aktuellen Artikel so, als stünden Horden "fanatisierter" Männerrechtler kurz davor, das Goslarer Ratshaus zu stürmen: Ein von der Postille zitierter Polizeisprecher versichert allen Ernstes, man habe "ein Auge drauf" und könne "auch bei plötzlich auftretenden Ereignissen reagieren“. (Vielleicht sollte man dem Herrrn mitteilen, dass die Kritiker der bestehenden Geschlechterpolitik nicht durch das Begehen von Gewalt auffällig werden, sondern indem sie mit Gewalt bedroht werden?) Die "Stuttgarter Nachrichten" hingegen zeigt ihren Kollegen im Harz, wie guter Journalismus geht: Erfreulich kühl und seriös berichtet die Zeitung heute auf dem Großteil ihrer Seite Drei über die Kontroverse (leider nicht online). Im Teaser von Norbert Wallets Artikels "Eine Lanze für die Männer" heißt es:

In der Stadt Goslar im Harz herrscht Aufruhr. Die örtliche Gleichstellungsbeauftragte soll abgewählt werden. Denn sie sieht sich auch den Männern verpflichtet – und sorgt so für eine hitzige Debatte. Die Provinzposse spiegelt gesellschaftliche Verwerfungen wider.


Wallets Artikel schildert vor allem sachlich die Hintergründe des Konflikts. Als einen zentralen Faktor nennt er unter anderem Monika Ebelings erfolgreichen Protest gegen die Verteilung von Brötchentüten mit dem sexistischen Slogan "Gewalt gegen Frauen und Kinder kommt nicht in die Tüte", der häusliche Gewalt gegen Männer unter den Teppich kehrt und für Männer nur die Täterrolle reserviert. Da kurz zuvor bei Goslar eine Mutter ihre beiden Kinder umgebracht hatte, empfand Ebeling diesen Slogan als "entsetzlich". Ebelings Gegnerin Doris Juranek wiederum störte sich an deren Einwänden:

Sie ist Chefin der grünen Ratsfraktion und sehr emotional, werden Gesprächspartner vorgewarnt. „Männer werden geschlagen? Das Thema hängt mir zum Hals raus“, sagt sie im Gespräch mit unserer Zeitung. Da werde eine Front aufgetan, die es nicht gebe. Die Frauen, die sich in der Stadt für Gleichstellung engagierten, seien „schließlich meist auch Mütter und Ehefrauen“. Ebeling? „Mittlerweile sehe ich rot, wenn ich sie sehe.“


(Hat jemals ein Männerrechtler argumentiert mit "Frauen werden geschlagen? Das Thema hängt mir zum Hals raus"? Natürlich nicht. Aber nicht die Grünen sondern die Männerrechtler werden von der "Goslarschen Zeitung" als "fanatisiert" hingestellt ...)

Wallet porträtiert auch die Goslarer Gleichstellungsbeauftragte:

Wer Monika Ebeling begegnet, kann die Vorwürfe schwer mit ihrer Erscheinung in Einklang bringen. Sie wirkt ruhig, sachlich, aber bestimmt. Ist sie zu undiplomatisch? Ja, sicher. Aber diplomatisch will sie gar nicht sein. „Waren wir nicht lange genug diplomatisch?“, fragt sie. „Wenn ich die Situation der Kinder und der Väter sehe, fällt es mir schwer, diplomatisch zu bleiben.“


Das ist natürlich genau der Trick in der derzeitigen Geschlechterpolitik: Erst werden zahllose Männer in eine unerträgliche Lebenslage gebracht, und wenn sie dagegen sachlich, aber bestimmt aufbegehren, setzt man sie als "fanatisiert" herab. Und als Krönung der Irrsinns tritt hinzu, dass man offenbar ernsthaft glaubt, den Geschlechterfrieden mit dieser Methode wieder herstellen zu können. Hauptsache, die aufmüpfigen Kerle wurden zum Schweigen gebracht: Im aktuellen Beitrag der "Goslarschen Zeitung" gibt es inzwischen gar nicht erst die Möglichkeit, Kommentare zu hinterlassen. Eine Redaktion verbunkert sich vor ihren Lesern.

Im abschließenden Absatz seines Artikels gelangt Wallet zu folgendem Fazit:

Goslar liegt im Harz. Eine kleine Provinzposse. Nicht weiter wichtig. Ein paar Frauen sind sehr aufgeregt, na und? So kann man es sehen. Aber der Fall Goslar hat exemplarische Seiten. Die Gleichstellungspolitik ist im Umbruch. Nicht nur lokal, sondern auch in der großen Politik. Auf Anfrage unserer Zeitung wollte sich die Familienministerin nicht direkt zu Goslar äußern. Aber Kristina Schröder (CDU) stellt klar, wie sie moderne Gleichstellungspolitik sieht: „Gleichberechtigung bedeutet faire Chancen für alle. Eine Politik läuft ins Leere, wenn sie nur einseitig ein Geschlecht fördert.“

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