Mittwoch, Oktober 13, 2010

"Ein Türke rief an: Großen Hunger, ich fressen Kater"

Die Medienkampagne, die unter anderem die BILD-Zeitung derzeit gegen Muslime führt (siehe aktuell etwa hier und hier), erinnert viele Kritiker vor allem an den Beginn der neunziger Jahre. Damals schürten BILD und SPIEGEL vor allem die Stimmung gegen Flüchtlinge, wobei der Hass bald auf andere Einwanderer übergriff und schließlich zu den Morden unter anderem von Mölln und Solingen führte.

Man kann allerdings noch ein paar Jahrzehnte weiter zurückgehen – zurück in die gute alte Zeit, als die BILD noch nicht unter dem Vorwand der Religionskritik verdeckt über Muslime, sondern ganz offen gegen Türken hetzte. Ein paar mehr oder weniger willkürlich herausgegriffene Beispiele (zitiert nach Günter Wallraffs BILDerbuch, Steidl-Verlag 1985, mit einem Vorwort von Heinrich Böll) von Schlagzeilen, die einem damals an jedem Kiosk entgegensprangen:

BILD vom 31.7.1973: GASTARBEITER AM STEUER: TRÜMMER UND TOTE

BILD vom 11.6.1975: VON 80 TÜRKEN VERGEWALTIGT!

BILD vom 20.8.1976: NOCH EINE MILLION TÜRKEN WOLLEN ZU UNS KOMMEN!

BILD vom 18.7.1977: TÜRKE HATTE WASCHMASCHINE UND HALBES AUTO ALS HANDGEPÄCK

BILD vom 29.7.1978: KOFFER, KISTEN, KÜHLSCHRANK – VORSICHT, DIE TÜRKEN KOMMEN

BILD vom 31.8.1978: In Mannheim sind 180 Katzen spurlos verschwunden. EIN TÜRKE RIEF AN: GROSSEN HUNGER, ICH FRESSEN KATER

BILD vom 9.4.1981: TÜRKE (24) KAUFT SICH DEUTSCHE EHEFRAU (76)

BILD vom 5.9.1984: EINE SCHULE IN FRANKFURT: "JETZT BIN ICH DIE LETZTE DEUTSCHE IN DER KLASSE!"

Zumindest bei den Senioren ist also wohl kaum der vermeintliche Tabubruch der Grund für ihre Begeisterung für solcherlei Stimmungsmache. Sondern eher das dadurch ausgelöste Gefühl wärmender Nostalgie, die Erinnerung an die eigene Jugend, als die Welt noch in Ordnung war.