Donnerstag, Oktober 14, 2010

Es drohen gefährliche Zeiten

Eberhard Seidel, Geschäftsführer von "Schule ohne Rassismus", fasst zusammen, worum es in der aktuellen Debatte geht:

Zur Erinnerung: In den frühen achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts verunsicherten Massenarbeitslosigkeit und Automatisierung der Produktion die Menschen im Westen der Republik. Ähnlich wie heute suchte konservative Politik angesichts der sozialpolitischen und sozioökonomischen Herausforderungen ihr Heil im rassistischen Diskurs. Arbeitslosigkeit und Verarmung hatten schnell einen Namen: "die Türken". (...) In Folge des allgegenwärtigen Türkenbashing in Politik und Publizistik kommt es in den achtziger Jahren zu einer Welle antitürkischer Gewalt in Westdeutschland. Türken werden von neonazistischen Straßenbanden erschlagen - in Hamburg, Berlin und anderswo. Und im bayerischen Schwandorf verbrennt 1988 ein Neonazi erstmals Türken im Schlaf.

(...) Die Rolle der Scharfmacher haben heute Internetplattformen wie "Politically incorrect" übernommen. Blogger kübeln ihre rassistische, vor allem antimuslimische Jauche in die Köpfe von Zigtausenden, die die Seite täglich besuchen. (...) Die hysterischen Bezichtigungen, für die Namen wie Henryk M. Broder, Necla Kelek, Udo Ulfkotte und Thilo Sarrazin stehen, sind keine Diskurse der Befreiung und Emanzipation. Es sind Rüpeleien, Erzählungen des Verdachts und der Denunziation. Ihre Thesen stoßen in der Bevölkerung nicht wegen der Qualität der Texte und der Analyse auf Begeisterung, sondern weil sie ein tiefer sitzendes Bedürfnis vieler Deutscher befriedigen. Der Islamstreit erlaubt, all die rassistischen Emotionen ungehindert auszuleben, denen beim Antisemitismus und Rechtsextremismus inzwischen recht enge Grenzen gesetzt werden. (...) Wenn die Annahme stimmt, dass dem offenen Ausbruch eines Konflikts eine Zeit der Entfremdung vorausgeht, in der das Misstrauen wächst, dann stehen den Muslimen turbulente und gefährliche Zeiten bevor.


Seidels Artikel ist in Gänze lesenswert.