Donnerstag, November 25, 2010

Monika Ebeling: Ist die Frauenbewegung "rechts", Herr Gesterkamp?

Monika Ebeling, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Goslar, analysiert in einem aktuellen Text einen Vortrag, den Thomas Gesterkamp (Maskottchen des feministischen "Bundesforum Männer") vor kurzem auf der Fachtagung zeitgemäße Gleichstellungsarbeit in Hannover hielt:

Eine selbstbewusste, emanzipierte Frau zu sein ist durchaus ein begehrenswertes Ziel. Vielleicht nicht für jede Frau, aber für mich. Allerdings hat dies seit einiger Zeit einen faden Beigeschmack für mich bekommen, den ich einfach nicht mehr los werde.

Das Wort „Frauenrechtlerin“ war für mich stets positiv besetzt. Sich für seine Rechte als Frau stark zu machen, Benachteiligungen von Frauen aufzuzeigen und dazu beizutragen, dass sie beseitigt werden, erschien mir erstrebenswert. Dafür habe ich mich auf unterschiedlichste Weise eingesetzt. Wegbegleiter und Freunde werden das bezeugen können. Ich habe dabei die aggressiven Anteile mancher Radikalfeministinnen gern verdrängt. Bei näherer Betrachtung fällt mir das zunehmend schwer.

Thomas Gesterkamp verdirbt mir allerdings mit Nachdruck den Spaß daran, eine Frauenrechtlerin zu sein und weiterhin bleiben zu wollen. Er legt „Minenfelder“ (O-Ton), auf die dann leider auch wir Frauen treten. Das scheint der selbsternannte Aufklärer bisher noch nicht bedacht zu haben.

Ich jedenfalls will auf diese Art der “Aufklärung“ verzichten und Gesterkamps dahinterstehende Vorwürfe weit von mir weisen. Ich hoffe, Sie, werte Leser, können mir beipflichten, wenn Sie den Text bis zum Ende verfolgen.

Frauen haben Tabus gebrochen, haben auf ihre Benachteiligung und ihr Opfersein aufmerksam gemacht, sie zeigten auf, das eben manches anders ist, weil die weibliche Biologie sich von der männlichen unterscheidet, sie lehnten sich gegen die staatliche und männliche Bevormundung auf und das alles mit großem Erfolg.

Folgt man aber der Argumentationskette von Thomas Gesterkamp in seinen Vorträgen vor Frauengruppen und Gleichstellungsbeauftragten, dann müssten all diese Frauen einen Geschlechterkampf von rechts geführt haben. Denn er ordnet genau diese Begriffe „Tabu, Opfersein, Biologismus und Antistaatlichkeit“ der Argumentationskette des Geschlechterkampfes von rechts zu.

Er bringt damit nicht nur Männerrechtler sondern auch alle Frauenrechtlerinnen in Misskredit! Auf meine Frage, wenn er Männerrechtler politisch „rechts“ verorten würde, wo denn dann die „FrauenrechtlerInnen“ stünden“, verstieg er sich in das scheinbar sichere Terrain seiner Expertise und raunte zum Schluss, er wisse nicht, warum er jetzt Frauenrechtler rechts einordnen solle.

Aber, Herr Gesterkamp, Frauen haben Tabus gebrochen und das war gut so. Damit haben sie sich Rechte erkämpft, die ihre Urgroßmütter oder Großmütter nicht hatten. Eine Partei wählen, eine Ausbildung machen, ein Studium aufnehmen, Geld selbst verwalten, einen Arbeitsvertrag abschließen: Dies und noch manches andere war für Frauen noch vor Jahrzehnten keine Selbstverständlichkeit. Immer gab es einige mutige Frauen, die entschlossen Schritte gegangen sind und es damit anderen Frauen möglich machten zu folgen.

Folgt man aber der Argumentation von Thomas Gesterkamp, dann ist ein Tabubruch ein erster Hinweis auf eine politisch rechtsgerichtete Gesinnung. „Man wird doch wohl als Frau ein Studium aufnehmen dürfen“ wäre die Entsprechung für „das wird man doch wohl in Deutschland sagen dürfen“, wie es Gesterkamp den angeblich rechtslastigen Männerrechtlern in den Mund legt.

Die Selbstviktimisierung ist ebenfalls kein Privileg dieser angeblich „rechten“ Männer. Frauen legen seit Jahren den Finger in die Wunden, die man ihnen zugefügt hat. Sie haben z.B. die Folgen illegaler Abtreibung, ebenso benannt wie die Vergewaltigung in der Ehe oder den sexuellen Missbrauch. Macht es uns zu „rechten“ Frauen, wenn wir aufzeigen, wo uns Gewalt angetan wird?

Wenn Männer davon sprechen wollen, wo und wie ihnen Gewalt angetan wird, dann ist das politisch rechts? Glaubt man Gesterkamp, dann liegt der Schluss nahe, denn es ist das zweite Argument in seiner „Beweisführung“ eines Geschlechterkampfes von rechts. Das ist nicht nur ein Eigentor, immerhin ist Gesterkamp ein Mann, nein es ist auch gleich noch eins in das Tor der Frauen.

„Sie (die Männerrechtler, Anm. der Autorin) regen sich über mich auf, sie seien doch nicht rechts, sondern liberal“ so Gesterkamp.

Genau das sind sie auch! Die Frauenrechtlerinnen nicht weniger als die Männerrechtler. Freiheitsliebende Frauen und Männer, die selbstbestimmt ihr Leben führen wollen und sich für jene einsetzen, die daran gehindert werden. Das ist beileibe keine Umdeutung von Begriffen, wie Gesterkamp meint, es könnte am Ende gar die Wahrheit sein.

Sich auf die eigene Biologie zu beziehen ist laut Gesterkamp ebenfalls ein Signal, das hellhörig für politisch „rechts“ machen sollte. Wer nämlich seine Männlichkeit bedroht sieht, dem dichtet er gleich noch Homophobie an. Nicht nur politisch „rechts“, nein, sondern auch noch gegen Schwule und Lesben! Für Gesterkamp der „Todesstoß“ ins „rechte“ Herz. Dabei will er doch selbst für eine selbstbewusste Männlichkeit eintreten und beweist sich die in einem Vortrag im Kreise von Frauen: „Ich fühle mich hier wie eine Frau in einem Daxvorstand“. Dahin jedoch bringt man es nicht mit Expertisen zweiter Wahl.

Und was ist im Umkehrschluss eine Frau, die zu ihrer Weiblichkeit steht? Müsste politisch „rechts“ stehen, wenn man die Argumentationskette für Männer gegengleich ummünzt.
Schminke, Rock, High-Heels und Lippenstift können keine Kennzeichen einer Frauenrechtlerin sein? Weit gefehlt! Diese Vorstellung ist von Gestern.

Ein Männerrechtler, so Gesterkamp, beschwöre das Dominaprinzip. „Wir leben in einem Gouvernantenstaat“, zitiert er, zieht sogleich eine Verbindung zu christlichen Familienfundamentalisten „rund um Eva Hermann“ und schwingt sich rüber zu „antifeministischen“ Autoren und ebensolchen Treffen.

So ist also auch schon „rechts“, wer sich auf „Werte“ besinnt. Vielleicht ist es gar nicht so verkehrt, in einer bunten, Mulitkulti-Vielfalt-Welt diese „Werte“ doch im Auge zu behalten?

„Ich werde zum Judas am eigenen Geschlecht“, beschreibt er dann abschließend seine Situation, möglicherweise sehr treffend?

Herr Gesterkamp, bitte verschonen Sie uns Frauen mit diesen Vorträgen, da höre ich lieber „das Gequatsche von Frau Schröder“, wie Sie es nennen.

Lassen Sie Männer und Frauen, die sich für die Rechte ihres Geschlechtes einsetzen, doch einfach tun, was sie im Rahmen der Gesetze und der Meinungsfreiheit meinen tun zu müssen.
Wenn Sie Männerrechtler weiterhin politisch rechts verorten, dann verorten Sie damit auch Frauenrechtlerinnen heute und im Nachhinein politisch rechts ein.

Sollte das wahr sein, dann müssen wir noch weit andere Schlüsse in der Gleichstellungsdebatte ziehen, als bisher gedacht!

Sie fordern „ein Dialog ohne Abwertung“ und nennen das „produktiv“. Dann fangen Sie damit mal an.

Monika Ebeling
Gleichstellungsbeauftragte