Was "Wissenschaft" in der Politik bedeutet
Dieser Tage ist vom "News-Service der wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages" diese Erklärung zur Männer- und Jungenpolitik veröffentlicht worden. Man erfährt darin nicht viel Neues – ins Auge fallen aber die angegebenen Quellen, wo man unter anderem einen hetzerischen Artikel findet, den der umstrittene Publizist Thomas Gesterkamp für die Berliner "tageszeitung" anfertigte. Dieser Artikel wiederum beruht erkennbar auf einem als "Expertise" herausgegebenen Pamphlet, das selbst wissenschaftlichen Mindeststandards in keiner Weise genügt. Wie kann es passieren, dass selbst der "wissenschaftliche Dienst" des Deutschen Bundestages auf solche höchst fragwürdigen Quellen zurückgreift? Das wird klarer, wenn man ein aktuelles Interview des Mainzer Politikwissenschaftlers Professor Jürgen Falter in der Frankfurter Allgemeinen liest. Dort heißt es (nicht zur Geschlechterpolitik sondern zur Politik im allgemeinen):
Irgendwann merkt man, dass die Politik ein völlig anderes Wahrheitsverständnis hat als die Wissenschaft oder der Journalismus. Während der Journalist und der Wissenschaftler wissen wollen, was ist, will der Politiker nur wissen, was es ihm bringt. So werden in der Politik ja auch wissenschaftliche Expertisen behandelt: Wenn sie etwas nutzen, arbeitet man mit ihnen, wenn nicht, verschwinden sie in der Schublade. Es geht nicht um Austausch und Dialog, sondern schlicht um Macht und Machterhalt.
Gut, das ergibt Sinn, was die Politik betrifft. Aber Journalisten sollen grundsätzlich nur an der Wahrheitssuche interessiert sein? Das muss Falter dann doch deutlich einschränken:
Es gibt etwa Medien, die Kampagnenjournalismus betreiben und einen Experten suchen, damit der ihre vorgefasste Meinung bestätigt. Manche sind da ganz ehrlich, rufen an, hören sich meine Einschätzung an und sagen dann: Tut mir leid, können wir nicht gebrauchen. Wenn Sie nicht so vornehm sind, schneiden Sie den entscheidenden Relativsatz in der Mitte raus - und haben die Aussage, die sie hören wollten.
Derzeit mühen sich die etablierte Politik und die etablierten Medien damit ab, ein Bollwerk gegen die neue Bürgerrechtsbewegung in unserem Land zu errichten. Zu je fragwürdigeren Methoden sie dabei greifen, desto klarer wird, auf wessen Seite tatsächlich die besseren Argumente liegen. Mit abenteuerlichen Behauptungen den Laden zusammenhalten zu wollen hat auf Dauer noch kein politisches System geschafft. Zum Affen haben sich aus Sicht der Nachwelt dann jeweils nur diejenigen gemacht, die zu solch abenteuerlichen Methoden greifen mussten.
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