Freitag, Juli 17, 2009

Netz gegen Nazis: "Es ist wichtig, Islamfeindlichkeit zu benennen"

Simone Rafael vom Netz gegen Nazis interviewt Claudia Dantschke, Islamismus-Expertin des Zentrums Demokratische Kultur zu den Hintergründen des Mordes an Marwa El-Sherbini. Ein Auszug aus Dantschkes Antworten:

Wir brauchen an dieser Stelle keine langen Diskussionen, ob Islamfeindlichkeit nur eine Spielart von Rassismus ist oder ein eigenständiges Phänomen. Der Mord ist deutlich islamfeindlich, aufgrund der klaren Äußerungen des Täters. Und es gibt Islamfeindlichkeit in Deutschland. Und diese zu benennen ist wichtig, damit sich die Menschen in Deutschland erst genommen fühlen, die sie zu spüren bekommen.

Der Täter ist nach Deutschland gekommen, nachdem er in Russland wegen "deutschen Blutes" als Deutscher gegolten hat. Hier angekommen stellt er fest, dass der kulturelle Unterschied aber sehr viel größer ist als die scheinbare "Verbundenheit" des "Blutes". Er ist hier ein Fremder, gilt als Russe, zudem ist er auch noch sozial ganz unten. Was in diesem Fall passiert, ist eine klassische rassistische Hackordnung: Er sucht sich jemand, der scheinbar in der Anerkennung noch unter ihm steht: eine muslimische Frau. Er verfolgt die Debatten in Deutschland, merkt, dass er mit Islamfeindschaft an Meinungen in der Mehrheitsgesellschaft andocken kann. Dann sucht er sich ein Opfer und muss überrascht feststellen: Sie wehrt sich, ist intelligenter, gebildeter und steht sozial höher als er. Daraus entsteht der Hass. Er hat eine Rassismus-Grundierung, aber darauf kommt die explizite Islamfeindschaft, die er auch in der deutschen Gesellschaft als mehrheitsfähig zu erkennen meint.


Tja, kein Wunder, dass der Täter dies meinte, denn dazu brauchte er nur zahlreiche deutsche Blogs und Zeitschrifts-Artikel zu lesen und beobachten, wie die Vertreter dieser Ideologie von einer Talkshow zur anderen huschten und von ihren Kollegen mit den absurdesten Preisen geehrt wurden. Wenn eine solche Haltung im Hause SPIEGEL ebenso auf Beifall stößt wie bei FOCUS-Markwort, sie von der hessischen CDU, der bayrischen CSU und der gesamtdeutschen NPD gleichermaßen vertreten wird, dann, das könne so ein Mann glauben, wird sie hierzulande wohl mehrheitsfähig sein. Von sowas kommt sowas.