"Was meine Frau erlebt, erleben viele"
Daniel Schulz interviewt für die "tageszeitung" den muslimischen Modedesigner Meliah Kesmen, der Unterschriften sammelte, um Kanzlerin Angela Merkel endlich dazu zu bringen, sich zum Mord an Marwa El-Sherbini zu äußern. Einige Auszüge:
Schauen Sie sich die Berichterstattung und den Aufschrei in der Öffentlichkeit an, wenn es einen so genannten "Ehrenmord" gibt und dann vergleichen Sie es mit dem Mord von Dresden. Deutschland ist nicht islamfeindlich, aber es gibt eine wachsende Islamfeindlichkeit in Deutschland. Das erleben wir täglich, vor allem die Frauen mit Kopftuch, die angepöbelt werden. (…) Neulich war ich mit meiner Frau in Dortmund unterwegs. Da kommt eine andere Frau, Mitte 40 und normal gekleidet an uns vorbei und sagt: Pfui. Wir gehen drei- vierhundert Meter weiter und dann frage ich: Sag mal, hat die uns gemeint? Und meine Frau sagt: Ja, sie hat mir dabei ins Gesicht gesehen und Pfui gesagt. Und das war kein Skinhead, es war einfach irgendeine Passantin. Und was meine Frau erlebt, erleben viele.
Und was das Schweigen von Angela Merkel & Co. zu dieser unheilvollen Entwicklung angeht, erklärt Kesmen:
Das Schweigen signalisiert doch den Islamfeinden: Es ist in Ordnung was wir tun, niemand regt sich darüber auf. Wir Muslime brauchen ein Zeichen von der Politik ganz oben. (…) Fast jeder muslimische Bürger identifiziert sich mit diesem Ehepaar. Beide haben dazugehört und sich eingebracht. So wollen die meisten von uns hier leben, das ist unsere Heimat, hier sind unsere Freunde und hier zahlen wir unsere Steuern. Umso größer die Erschütterung, wenn es ausgerechnet so jemanden trifft. Hinzu kommt: Marwa hat alles richtig gemacht. Sie hat Zivilcourage bewiesen und einen Rassisten angezeigt. Und dafür ist sie bestraft worden.
Genauso wie diejenigen belohnt werden, die mit dem Schüren dieser Fremdenfeindlichkeit eine hohe Auflage ihrer Bücher und ein fettes Bankkonto erzielen. Darauf, dass moralische und unmoralische Handlungen die verdiente Quittung bekommen, darf, solange es um Minderheiten geht, in unserer Gesellschaft niemand hoffen.
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