5. März 2006
Die immer aggressiver werdenden Anfeindungen von zionistischer Seite führen momentan zu immer offenen und klareren Worten jener Fraktion, die für Frieden und Versöhnung eintritt. So hat sich inzwischen auch die Menschenrechtsaktivistin und ehemalige israelische Erziehungsministerin Shulamit Aloni in der israelischen Oppositionszeitung „Haáretz“ mit einem beeindruckenden Text zu Wort gemeldet.
Einige Auszüge: „Jeder Einfaltspinsel weiß, dass es für Israel keine existenzielle Bedrohung gibt. Jeder vernünftige Mensch versteht, dass die übertriebenen Operationen des israelischen Militärs gegen die Palästinenser nur Hass, Zorn, Fanatismus und Rachegefühle wecken. Die Bemerkungen der Generäle, die nicht versehentlich herausrutschten, sondern absichtlich gemacht wurden, wollen weiterhin unsere Angst schüren und uns erlauben, mit dem Töten, Zerstören, Vertreiben, mit den Straßensperren und Apartheidstraßen fortzufahren. (...) Was heute am meisten beunruhigt, ist die Vorsicht, mit der Leute aus der Friedensbewegung über Möglichkeiten der Versöhnung - selbst mit einer Hamasregierung - sprechen, damit sie nicht wegen fehlendem `Nationalismus´ angeklagt werden. (...) Anscheinend werden `unsere weisen Männer´ glücklich sein, wenn sich die muslimischen Länder noch einmal gegen uns wenden. Dann können wir uns noch einmal als das letzte Opfer der Welt sehen und dann – ein Hoch auf die Armee und unsere Kriegsausrüstung! Danach wird es wieder viele festliche Gedenktage geben. (...) Aber so muss es nicht sein. Es könnte ganz anders sein. Es ist möglich, dass wir versuchen, uns zu versöhnen und zu verstehen versuchen, dass die Palästinenser auch das Recht auf einen eigenen Staat haben. Es sollte uns klar werden, dass wir jetzt eine rassistische, kolonialistische und verachtenswerte Politik treiben, die wir (eigentlich) so nicht wollen. Allein wenn wir dies laut aussprechen, läuft es uns kalt den Rücken runter; denn wir dachten, wir Juden hätten humanitäre Werte und denken daran, dass jeder Mensch als Ebenbild Gottes geschaffen wurde. Wenn wir uns wirklich daran erinnern würden, mit unsern Aktionen aber gegen die Palästinenser so weiter machen wie bisher, werden wir schizophren.“
Das sind starke und weise Worte. Aber machen wir uns nichts vor: Diejenigen innerhalb der Debatte, die eher auf Krawall gebürstet sind, dürften davon kaum erreicht werden. Für sie ist Aloni wohl nichts mehr als eine weitere „jüdische Antisemitin“ und wer immer sie zitiert, "beweist" in diesem kruden Weltbild so seinen eigenen Antisemitismus, weil er sich einen Hausjuden halte wie schon jeder alte Nazi. Das sind die altbekannten rhetorischen Versatzstücke, inhaltsleer, aber dafür problemlos austauschbar und immer schnell zur Hand. Und wie bereitwillig führende deutsche Journalisten sich auf diesen Esel setzen lassen, haben wir in den vergangenen Jahren mehrfach gesehen. Diese perfide Rhetorik des Hasses trägt mit dazu bei, dass das tausendfache Abschlachten im Nahen Osten ungehindert weitergehen kann. Ja, wenn es nicht so lobenswerte Einrichtungen wie Erhard Arendts Palästina-Portal gäbe, wüssten viele von uns nicht einmal, dass es auch auf jüdisch-israelischer Seite solche Menschen wie Shulamit Aloni überhaupt gibt.
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