Mittwoch, Dezember 27, 2006

Imagine no Religion

Robert Misik schreibt in der taz über den neuen Trend des säkularen Fundamentalismus, der in der Blogosphäre als „The Next Big Thing“ gehandelt werde. Erstaunlicherweise zeigen sich die Religionshasser als mindestens ebenso dogmatisch, kreuzzüglerisch und vereinfachend wie die Gläubigen, die sie angreifen.

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Dienstag, Dezember 26, 2006

Zeitvertreib zu Weihnachten: Wir basteln uns einen Holocaustleugner

„Er hat fast nie Recht, ist aber immer amüsant“ urteilte vor wenigen Wochen der Literaturkritiker Denis Scheck über Henryk Broders „Hurra, wir kapitulieren!“. Und in der „Linken Zeitung“ hieß es, Broder „reiht Tatsache an Tatsache und argumentiert dann gekonnt daran vorbei.“ Nicht erst seit diesen Bewertungen fragen sich viele: Wie macht man das eigentlich - lauter Tatsachen nehmen und dann beim genauen Gegenteil herauskommen?

Wir erklären heute einmal im Kleinen, wie Broders Arbeitsweise funktioniert.

Heute morgen zitiert Henryk Broder in einem Blogeintrag aus einem Brief eines seiner vielen Hassobjekte, dem jüdischen Journalisten Shraga Elam.

Elam schreibt darin Broders Zitat zufolge sehr zutreffend:

All the “proofs” against the gas chambers in Auschwitz are not convincing at all.


Das “übersetzt” Henryk Broder wie folgt:

Die Beweise für die Gaskammern in Auschwitz sind “nicht überzeugend”.


Elam erklärt also die angeblichen "Beweise" gegen die Gaskammern für Unsinn, und Broder in seinem Unverstand macht daraufhin aus Elam einen Holocaustleugner. Um einen seiner typischen Ausfälle daran zu knüpfen: „Ein Psycho kommt selten allein.“

Bleiben vier sehr interessante Fragen:

Was muss eigentlich im Kopf eines Menschen vorgehen, damit das „against“ als „für“ übersetzt wird, also in der Tat das genaue Gegenteil von dem herauskommt, was die Fakten hergeben? "Against" dürfte für einen SPIEGEL-Journalisten eigentlich keine unzumutbar schwere Vokabel darstellen.

Wenn man gerade im vergangenen Jahr halb Deutschland verarscht hat, indem man mit einem unsäglichen Machwerk einen Bestseller landete, warum liegt man mitten in der Weihnachtsnacht nicht satt und zufrieden in seinem Bett, statt seinen Unverstand in die Welt herauszuschreien und so jedem zu zeigen, dass der Kaiser keine Kleider trägt?

Warum teilte im Laufe des gesamten heutigen Tages kein einziger von Broders ergebenen Lesern den Autor mit, dass er sich da gerade selbst massiv ins Knie schießt? (Wenigstens die "Henryk-M.-Broder-Brigaden" hätten doch mal ein Mail schicken können, Herrgott noch mal!)

Wird Broder das tun, was jeder anständige Mensch tun würde, nachdem er durch Dämlichkeit oder Absicht einen anerkannten jüdischen Journalisten fälschlich als Holocaustleugner verleumdete und als "Psycho" beleidigte - nämlich sich ausführlich und glaubhaft dafür entschuldigen? Da das eine Frage von Anstand, Reife und Stil ist, rechne ich nicht wirklich damit.

Bleibt vor allem eine Erkenntnis: Broder hat in der Tat fast nie Recht, ist aber immer amüsant.

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Sonntag, Dezember 24, 2006

„Ausländerhetze auf akademisch“

Zu Weihnachten gibt es eine weitere ausführliche, sehr gründlich analysierende Rezension zu Henryk M. Broders „Hurra, wir kapitulieren“. („Aber ich wollte einen Schlitten!“ – „Klappe, du undankbares Balg, jetzt wird die Rezension gelesen.“)

Jeder hat das Recht auf ein verqueres Weltbild. Doch die wenigsten möchten sich selber bei Pauschalverurteilungen und rassistischer Sudelei die Finger respektive die demokratische Grundhaltung schmutzig machen. Dafür gibt es ja Henryk M. Broder. Denn niemand kann die neue deutsche Ausländerangst so gekonnt zwischen Buchdeckel kacken wie der gelernte Ex-Linke. (...) Dass es Broder dabei nicht um eine sachliche, dringend notwendige, Auseinandersetzung mit einer politisch-religiösen Bewegung geht, sondern um kaum versteckten Rassismus, zeigt die Leichtigkeit mit der er „die Unterscheidung zwischen Islam und Islamismus" als „Erfindung" abtut.


Weiter geht es hier: ein etwas holpriger, aber durchaus lesenswerter Text, weil er wirklich Punkt für Punkt aufzeigt, wo Broders Büchlein scheitert.

Bemerkenswert ist die Zweiteilung, die sich mittlerweile in der Medienlandschaft auftut. Während Fernsehfritzen Broder von einer Talkshow in die nächste heizen und ihm dabei für seine kruden Thesen lediglich ein Mikro hinhalten – Hauptsache mal etwas Provokatives, auf Rassismus braucht das nicht weiter abgeklopft zu werden – findet in Printmedien eine tiefergehende inhaltliche Auseinandersetzung solcher Botschaften statt und gelangt zu Urteilen, die einem eigentlich schwer im Magen liegen müssten. Das sagt Bedenklicheres über die deutschen Zustände aus als etliche fragwürdige Studien, ob aus Bielefeld oder anderswoher: Wenn ein Polemiker mit fragwürdigem Gedankengut nur halbwegs witzig und schlagfertig auftritt, dann erhält er hierzulande immer noch eine Bühne, auf der er von vielen bejubelt wird. In diesem Land gären aus vielen noch immer (oder: schon wieder) reichlich Gase heraus, bei denen es nur eines Streichholzkopfes wie Broder bedarf, um einen emotionalen Feuersturm auszulösen. Immerhin sind die Moscheen in unserem Land von diesem Brand bislang verschont geblieben; hoffen wir mal, dass das auch nächstes Jahr so bleibt.

In diesem Sinne: ein frohes Fest!

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Mittwoch, Dezember 20, 2006

Hassprediger auf beiden Seiten

Einen gelungenen Beitrag zur gegenwärtigen Auseinandersetzung mit dem Islam gibt es heute von Robert Misik in der taz:

(...) Wenn man den Kampf der Kulturen nur lange genug beschwört, dann kriegt man ihn am Ende auch. Längst erleben wir mit voller Wucht einen "Zusammenprall von emotionalisierten Öffentlichkeiten auf einer globalen Bühne", wie Gustav Seibt in der Süddeutschen Zeitung schrieb. Das Zerrbild von "dem Westen" gegen "den Islam" bildet mittlerweile einen derart festen Rahmen, dass sich jedes Vorkommnis nahezu von selbst einpasst. Wenn deklassierte türkische Kids am Schulhof für Rambazamba sorgen, dann ist nicht die soziale Lage oder ihre Zukunftslosigkeit daran schuld, sondern der Islam: "Sie" passen einfach nicht zu "uns". Lahore, Neukölln, Gaza - egal, da wird kein großer Unterschied mehr gemacht. Und umgekehrt: Wenn ein gewalttätiger Junkie in Bremen seinen Sohn erschlägt und in den Eiskasten steckt, dann ist das in Teheran Stadtgespräch - und man ist sich einig, dass man Gott sei Dank mit dieser dekadenten westlichen Kultur nichts zu tun hat. (...) Die relativ neue Spezies der westlichen Liberalmilitanten beschwört im Gegenzug einen täglichen Kampf gegen den islamischen Totalitarismus. Wo drei Männer mit Vollbart beieinander stehen, wittern sie eine Bedrohung von Freiheit, Abendland und Frauenemanzipation. Da kann einer noch so ein grober Macho sein, wenn es um muslimische Frauen geht, wird er in Sekundenschnelle zum Feministen. (...) Ein ganzes Autorensegment beliefert dementsprechend die literarisierten Schichten schon mit Kampfprosa. Handliche Hasspredigten wie die jüngste von Henryk M. Broder halten sich erschütternd lange auf erschütternd avancierten Plätzen der Bestsellerlisten. (...) Und auf beiden Seiten geht es auch nicht ohne eine gehörige Prise Angstlust. Mit selbst viktimisierender Hingabe sehen sich oft auch durchaus arrivierte und respektierte Muslime als "Opfer" westlicher Dominanz, wohingegen mancher Verteidiger "westlicher Werte" den Kitzel kaum verbergen kann, den ihm die Panik vor den Muslimen bereitet. (...)


Das ist bestens beobachtet und deshalb einfach nur sehr wahr. Broder und Konsorten schüren hier eine Welle der Angstlust, auf der sie dann "erfolgreich" surfen können. Dasselbe geschieht umgekehrt in der islamischen Welt. Und statt dass sich die Betreffenden mit ihren eigenen Macken und Vorurteilen auseinandersetzen, schlagen sie hasserfüllt auf ihre Spiegelbilder in der jeweiligen Gegenkultur ein. Das Ganze wird befeuert von einem Medienzirkus, der solche Konflikte und Angstszenarien für Quote und Auflage braucht und die Hassprediger deshalb durch Feuilletonseiten und Talkshows kreisen lässt, statt sie schlicht zu ignorieren (oder, wie Misik das tut, die Schwächen in ihren einfach gestrickten Feindbildern aufzuzeigen). So wird der "Kampf der Kulturen" zur selbsterfüllenden Prophezeiung.

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Montag, Dezember 18, 2006

Leserpost (Telefonterror, Achse Bild-Spiegel)

Ich wunder mich immer wieder, wie schnell ich nach einem Blogeintrag Leserreaktionen darauf erhalte ...

Ein Leser mailt mir:

Cool, deine Abhandlung zur Callcenterabwehr. Wenn ich Zeit habe, beschäftige ich mich ausführlich mit solchen Anrufen, schließlich ruft heute kaum noch jemand an, da ist das schon was Besonderes. Es ist immer wieder schön, wenn junge Damen einem ausführlich zu erklären versuchen, wer Günther Jauch sei, weil man die Einstiegsfrage "Sie kennen doch Günther Jauch" verneint hat. Wenn man dann noch die Bankverbindung für den angeblichen Millionengewinn verweigert und die Dame zum Essen einlädt, wo sie die Scheinchen ja mitbringen kann. Sogleich aber in Zweifel verfällt, ob das Geld nicht den Charakter verderbe, und sich Sorgen macht, es würde ja dann in der Staatskasse fehlen und damit beim Straßenbau, und die Straßen wären ja schon in einem so schlechtem Zustand ... 20 Minuten sind da gar nichts. Für den Fall, dass die Zeit knapp ist, versuche ich's mal mit deinem Vorschlag.


In einem ganz anderen Zusammenhang steht ein lesenswerter Bericht über die Achse „Bild“-„Spiegel“, über die der Oeffinger Freidenker berichtet.

Wie man lästige Werbeanrufe killt: Hitparade der Abwehrmaßnahmen

Werden Sie eigentlich auch manchmal von Leuten genervt, die Sie mit ihrem Anruf gerade mitten bei einer interessanten oder wichtigen Beschäftigung stören, nur um Ihnen ungebetene Reklame aufs Auge zu drücken? Verboten sind die meisten von ihnen schon seit einiger Zeit, aber noch immer bekommt die Politik sie nicht effektiv in den Griff. So berichtet heute die ”Wormser Zeitung”:

Gesetzliche Schritte gegen unerlaubte Werbeanrufe werden derzeit in Berlin geprüft. Dies sagte die Bad Kreuznacher CDU-Bundestagsabgeordnete Julia Klöckner gegenüber dieser Zeitung. "Das Problem nimmt dermaßen zu, dass wir einfach handeln müssen", erklärte die Verbraucherschutzbeauftragte der Union. (...) "Man könne unerwünschte Werbeanrufe auch als Ordnungswidrigleit einstufen, aber dagegen sperrt sich Justizministerin Zypries", bedauerte die Politikerin. (...) Das 2004 erlassene Gesetz, das den Verbraucher belästigende Werbeanrufe bereits verbietet, habe sich als zahnloser Tiger erwiesen, weil sich viele schwarze Schafe nicht daran hielten.


Sieht so aus, als müssten wir Bürger uns weiter eigenständig gegen solche Störenfriede zur Wehr setzen, solange die Politik nicht in die Puschen kommt. Ich habe selbst ein Dreivierteljahr für ein Call-Center wildfremde Leute angerufen, zwar legal – wir waren für die erlaubte telefonische Marktforschung tätig und nicht im Bereich Werbung und Verkauf -, aber abends um neun oder sonntagsmorgens um zehn war mein Anklingeln doch für viele Leute nicht weniger nervig. Insofern kenne ich beide Seiten der Medaille: sowohl die des Anrufers als auch die des Angerufenen, der sich belästigt fühlt. Auf dieser fundierten Grundlage stelle ich hier für alle Leser meines Blogs einmal die Top Five der besten Gegenmaßnahmen zusammen.

Bewertungskategorien für dieses Ranking sind Effektivität bei gleichzeitiger Verhältnismäßigkeit der Mittel. Lächerlichkeiten wie sich in irgendwelche Robinson-Listen aufnehmen zu lassen, denen zufolge man von solchen Anrufen verschont werden möchte, lasse ich mal außen vor: wie aus dem oben zitierten Artkel hervorgeht, sind diese Anrufe ohnehin schon verboten, und wer auf die Gesetze scheißt, wird dasselbe auch mit irgendwelchen Wunschzetteln tun. Ebenso unsinnig ist „einfach sofort auflegen“. Wenn immer uns das passiert ist, haben wir die entsprechende Telefonnummer auf Wiedervorlage gelegt. Konnte ja sein, dass da nur der Sohn des Hauses dran war oder der Hausherr, die Hausfrau uns aber bei einem späteren Anruf gern zur Verfügung stehen würde (oder umgekehrt). Und bei „Danke, kein Interesse“ fing ich natürlich gleich an nachzufragen, ob vielleicht sonst jemand in diesem Haushalt leben würde, der Interesse haben könnte. Unser Fundus an vorausgewählten Telefonnummern war begrenzt, weshalb wir da immer extrem hartnäckig waren. Was aus Sicht des Angerufenen am zeitsparendsten aussieht, bringt also oft überhaupt nichts.

Hier also meine persönliche Hitparade der Maßnahmen gegen Belästigung durch Telefonwerbung:

Platz 5: Die Trillerpfeife. Zugegeben, diese Abwehrmethode ist höchst effektiv und senkt das Risiko eines Folgeanrufs auf ein Minimum. Ich hatte einmal eine alte Oma am Apparat, die mich kaum den ersten Satz aussprechen ließ, als sie bereits mit Karacho in ihre Pfeife trällerte. Da man in Call-Centern normalerweise mit Kopfhörern arbeitet, um sich vom Umgebungslärm abzuschirmen und auch die eigenen Gespräche nicht zu diesem Lärm beitragen zu lassen, schießt einem ein solch schriller Lärm recht schmerzhaft durch den Kopf und mag einen ordentlichen Tinnitus verursachen. Ich war kurz davor, die schräge Alte wegen versuchter Körperverletzung anzuzeigen, und da mein Anruf völlig legal war, wäre ich sogar im Recht gewesen. Deshalb gibt es hierfür auch nur Platz 5: Die Trillerpfeife mag die richtige Antwort für obszöne Anrufer sein; für Werbefritzen erscheint sie mir als Overkill.

Platz 4: „Ich hätte gerne Ihren Namen und Name und Adresse Ihres Call-Centers.“ Hier erfolgt als unweigerliche Gegenfrage: „Wieso denn?“ Woraufhin man im fröhlichen Tonfall erkläre: „Na wegen der Strafanzeige.“ Dieses Vorgehen wird von den Verbraucherzentralen empfohlen, da der illegale Anrufer dann meist schleunigst auflegen würde. Ich hatte aber auch schon mal eine selten dumme Kuh am Telefon, die steif und fest darauf beharrte, was sie tue, sei vollkommen legal, und die sich ebenso steif und fest weigerte, die von mir verlangten Angaben zu machen. Das ist ebenso nervtötend und unerquicklich wie mit Neokonservativen oder Feministinnen zu diskutieren. Deshalb nur Platz 4.

Platz 3: Fragen Sie nicht mich, ich frage Sie. Zu diesem Zweck existiert im Internet ein witziges Gegenskript, mit dessen Hilfe Sie das Gespräch so geschickt umleiten können, dass plötzlich Sie beginnen, wildfremden Marketingfritzen persönliche Fragen zu stellen statt umgekehrt. Einmal habe ich es damit geschafft, einen nervigen Anrufer trotz leichten Widerstandes so lange auszufragen, bis wir bei der Sorte seiner Zahnpasta waren, woraufhin er dann dessen Supervisor hinzuzog, um die Situation klären zu lassen! Hierzu muss man wissen, dass es Sinn jeder Telefonaktion ist, in möglichst kurzer Zeit akkordmäßig möglichst viele Anrufe zu tätigen. Wenn Sie da eine Viertelstunde lang den gesamten Betrieb aufhalten, können Sie ziemlich sicher sein, von diesen Leuten niemals wieder behelligt zu werden. Allerdings kostet auch Sie der Spaß einige Zeit, und Sie müssen sich selbst gegen einige Gegenwehr durchsetzen. Pro und contra führt so zu Platz 3.

Platz 2: „Moment, ich hab hier grad was, gleich wieder da, kleinen Moment bitte“ nuscheln sie hektisch in den Hörer, als ob Sie gerade gestört worden seien und noch eben etwas abspeichern oder anderweitig fertig machen müssten. Stattdessen werfen Sie den Hörer natürlich in die Kissen und machen frohgemut weiter mit was auch immer Sie gerade so tun. Wenn immer ich einige Minuten später „Sind Sie noch dran?“ gefragt habe, wurde ich angenehm enttäuscht. Diese Methode kostet Sie selbst nur wenige Sekunden, blockiert aber recht effektiv Arbeitszeit und Telefonkosten bei der anrufenden Firma. Gleichzeitig ist sie sehr human gegenüber dem oft unterbezahlten Mitarbeiter: Ich habe solche Antworten immer als willkommene Gelegenheit genutzt, endlich mal während der Arbeit in aller Ruhe ein Twix zu verzehren.

Platz 1: Mein persönlicher Liebling ist immer noch die Gegenfrage „Was hast´n du gerade an?“. Wechseln Sie dazu in einen leicht sinnlich-verträumten Tonfall (was nicht immer ganz einfach ist, wenn einem der Anrufer gerade sein Verkaufsanliegen hektisch runtergerattert hat). In der Regel bekomme ich ein reichlich entgeistertes „Was!?“ zur Antwort, worauf ich immer noch verträumt entgegne „Ich berühr mich gerade selbst. Und du?“ Natürlich tue ich dies völlig antidiskriminatorisch bei männlichen wie weiblichen Störenfrieden. Und die hängen regelmäßig schneller ein, als man zuende stöhnen kann – und melden sich garantiert kein zweites Mal. Diese Kombination aus Zeitersparnis (dauert zehn Sekunden), Spaßfaktor und Effektivität erbringt dieser Methode den verdienten Platz 1. Sie müssen natürlich sichergehen, dass Sie wirklich einen Werbefritzen an der Strippe haben und nicht Ihre Tante Elvira, die Sie nicht gleich an der Stimme erkannt haben.

Am besten entscheiden Sie sich natürlich für die Methode, die Ihnen persönlich am meisten zusagt. Ich bin mir sicher, wenn ganz Deutschland eine dieser fünf Methoden konsequent beherzigen würde, wäre das Problem illegaler Werbeanrufe binnen kürzester Zeit geklärt.

Geprüft, gewogen und allzu leicht befunden

Die monatliche Büchersendung ”Druckfrisch” Denis Schecks - ein Literaturkritiker mit politikwissenschaftlichem Hintergrund – läuft leider zu später Stunde, ist aber eine absolute Empfehlung für jeden denkenden Leser. Der regelmäßige Höhepunkt: Scheck greift sich die zehn Spitzentitel auf den Bestsellerlisten – wechselweise Belletristik und Sachbuch – und erläutert mit ironisch-respektlosem Zungenschlag kurz und für die Autoren gelegentlich schmerzhaft, was davon auf diese Liste kam, weil es populistischer Schrott ist und geistige Tiefflieger in unserer Bevölkerung nun einmal häufiger vorkommen als intellektuelle Geistesgrößen, und welche Titel sich ihren Rang durch wahre Qualität und Gedankentiefe verdient haben.
Gestern abend bekam so auch Henryk M. Broders „Hurra, wir kapitulieren“ sein Fett weg:

Dieser Henryk M. Broder ist eine Ausnahmeerscheinung unter den deutschen Publizisten: Er hat fast nie Recht, ist aber immer amüsant. So auch in dieser extrem manipulativen Polemik. Broders Tiraden über das angebliche Einknicken Europas vor den ach so bitterbösen Moslems schüren eine neue Kreuzzugsmentalität und sind grundfalsch, sichern ihrem Verfasser aber einen Ehrenplatz an jedem deutschen Stammtisch.


Wenn das nicht mal wieder wunderbar in wenigen Zeilen auf den Punkt gebracht worden ist.

Samstag, Dezember 16, 2006

„Die Religionsfreiheit geht zu weit“

Das findet offenbar Bundesjustizministerin Zypries. Und Jochen Bittner findet, dass Zypries Unsinn redet.

Freitag, Dezember 15, 2006

„Höchste Zeit, Verrat zu begehen“

Die „Frankfurter Rundschau“ berichtet:

Die US-Regierung hegt die Absicht, den Iran mit Atomwaffen anzugreifen. Daniel Ellsberg fordert Beamte und Militärs auf, ihr Schweigen endlich zu brechen und ihr Wissen offen zu legen, um Menschenleben zu retten.


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Donnerstag, Dezember 14, 2006

Knickte „Christiansen“ unter politischem Druck Russlands ein?

Die einen konzentrieren sich auf die Bedrohung der Meinungsfreiheit durch die israelische Lobby, die anderen durch islamische Fundamentalisten. Offenbar sollte man aber Russland auch nicht ganz aus dem Auge verlieren. So meldet die FAZ von heute:

Garri Kasparow, der ehemalige Schachweltmeister und Putin-Kritiker, wurde zu der Talkshow „Sabine Christiansen“ am vergangenen Sonntag zuerst ein- und dann wieder ausgeladen. Mit Druck der russischen Botschaft in Berlin habe das jedoch nichts zu tun, sagt Christiansens Redaktion. Der WDR-Journalist Klaus Bednarz, ebenfalls ein- und dann ausgeladen, sagte gegenüber der F.A.Z. etwas anderes: Ein Christiansen-Mitarbeiter habe ihm berichtet, daß Kasparow sehr wohl auf Druck der russischen Botschaft hin ausgeladen worden sei. Genau diese Lesart bekam auch der Fernsehjournalist und Mafia-Experte Jürgen Roth, der am Sonntag bei „Christiansen“ zu Gast war, zu hören. Zwei Mitarbeiter der „Christiansen“-Redaktion hätten ihm nach der Sendung gesagt, warum man Kasparow nicht aus Moskau zugeschaltet habe - auf Druck der russischen Botschaft. Der Botschaftssprecher hatte der F.A.Z. mitgeteilt, er habe keine Kenntnis davon, ob der Botschafter Kotenew etwas gegen ein Zusammentreffen mit Kasparow bei „Christiansen“ gehabt habe. Es sei eine redaktionelle Entscheidung gewesen. Wir haben Garri Kasparow nun gefragt, was er bei „Christiansen“ denn gesagt hätte, hätte man ihn angehört.


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Mittwoch, Dezember 13, 2006

Amoklauf für Anfänger

Neulich telefoniere ich mit einem mindestens genauso schwer gestörten Kumpel von mir. Wir unterhalten uns über den letzten Amoklauf. Meint er: „So blöd wie der Kerl muss man mal sein, der hat doch keinen einzigen umgelegt außer sich selbst.“ (Ja, mein Kumpel spielt auch diese Killerspiele und ist davon total verroht, zufrieden?) Und dann legt er nach: „Arne, sag mal, du hast jetzt `Onanieren für Profis´ geschrieben und `Sex für Fortgeschrittene´, wie wär´s denn mal mit `Amoklauf für Anfänger´? Dann regen sich auch garantiert wieder viele über dich auf, darauf stehst du doch.“ Hat er nicht unrecht. Jetzt wollte ich demnächst anfangen, dazu zu recherchieren, da seh ich heute abend: Zumindest als Kurztext gibt´s das schon. Alle Aspekte behandelt, die Dinge kompetent auf den Punkt gebracht, kann man gar nicht besser machen. Schade.

„Bis zum letzten Blutstropfen“

Ich habe zwar weiterhin vor, mich zum Thema Israel hier etwas mehr zurückzunehmen, aber dieses Interview muss ich einfach verlinken, weil Zuckermann darin die zentralen Fragen ungemein treffend beantwortet.

Montag, Dezember 11, 2006

TEMPO: Sturm im Wasserglas?

Eine hübsche Kritik an der aktuellen Noch-einmal-Ausgabe der Zeitschrift TEMPO findet man von Stefan Niggemeier im “Zeitschriftenblog“.

Auch sonst wird das neue TEMPO eher in die Pfanne gehauen. Und trotzdem werde ich mir die neue Ausgabe demnächst besorgen. Ich fand TEMPO nämlich immer cool – eitles Posing hin oder her. Man wusste schließlich, dass einen das erwartete, und wenn man sich auf solchen Quatsch nicht einlassen wollte, dann las man eben mit Distanz. Die meisten anderen Zeitschriften waren jedenfalls deutlich lahmer.

Freitag, Dezember 08, 2006

Maxim Biller geht

Ist es für einen Juden mittlerweile unzumutbar, in Deutschland zu leben? Uwe Wittstock kommentiert Billers Abgang in der “Welt“.

Mittwoch, Dezember 06, 2006

Fick Heil

Normalerweise zitiere ich in meinen Blogs ja gerne die Einleitung zu einem interessanten Artikel, diesmal habe ich den Schlusssatz ausgewählt.

Vielleicht wird an dieser Stelle deutlich, warum es für Libertäre (...) nicht nur moralisch gerechtfertigt, sondern auch ein eigennütziges Anliegen ist, dafür zu kämpfen, dass Meinungsfreiheit unteilbar ist und nicht nur für vermeintliche, sondern sogar für echte Rechtsradikale oder Neonazis gelten muss.


Und zwar warum? Das illustriert mein Lieblings-eigentümlich-frei-Autor David Schah anhand eines wirklich grotesken Vorfalls. Definitive Leseempfehlung!

Montag, Dezember 04, 2006

Na dann Prost!

Heute ist der 4. Dezember 2006, und natürlich wissen wir alle, was das bedeutet: Es ist exakt der 25. Jahrestag seit der Erstausstrahlung von „Falcon Crest“! Der deutsche Falcon-Crest-Fanclub hat dazu eine ganze Reihe von Goodies zusammengestellt.

Freitag, Dezember 01, 2006

„Endlich weiß ich, ich bin nicht alleine“

Der „Polylux“-Beitrag über Menschen ohne Beziehungserfahrung (hier auch im Internet) stieß fast durchgehend auf sehr erfreuliche Reaktionen.

Am meisten scheinen die Leute immer wieder davon überrascht zu sein, dass Menschen ohne Erfahrungen mit Sexualität oder Partnerschaft eben oft gerade keine scheuen, unsportlichen, hässlichen „nerds“ mit katastrophalem Sozialverhalten sind. In dem „Polylux“-Beitrag wurde das durch den Kickboxer Charly besonders deutlich, aber auch Lutger wirkte sehr sympathisch. Ich habe unter den Betroffenen die unterschiedlichsten Menschen kennengelernt: Anwalt, Lehrer, Pilot, Journalist und DJ waren nur einige ihrer Berufe.

Was den Beitrag selbst angeht, finde ich es mal wieder verblüffend, was für ein Riesenaufwand veranstaltet wird, damit ein einziger Satz von mir gesendet wird (Anreise per Bahn, dreiviertelstündiges Interview, zwei Stunden Drumherum-Aufnahmen), aber dass der Beitrag insgesamt gut und dem Thema gerecht wurde, ist natürlich die Hauptsache.