Jahrzentelang bedeutete "Geschlechterdebatte" in unserer Gesellschaft: Frauen sprechen, Männer stimmen zu oder schweigen. Wer aufmuckte, war ein reaktionärer Macho, Chauvi oder was einer sonst so an Beschimpfungen einfiel. Erst in den letzten Jahren ist diese starre Struktur immer weiter aufgebrochen. Bettina Luise Rürup und Christina Schildmann zeigen sich darüber in den "Frankfurter Heften" (eine SPD-nahe Monatszeitschrift, gegründet als Theoriezeitschrift der Friedrich-Ebert-Stiftung) sehr unglücklich. Sie fühlen sich schon jetzt von den Feminismuskritikern an den Rand gedrängt, die sich gerade erst zu artikulieren beginnen. Rürups und Schildmanns Artikel enthält soviel Klagen, dass man Männern, würden sie dasselbe tun, Wehleidigkeit, Jammern und Gegreine vorwerfen. Ihre Hauptprobleme scheinen dabei die folgenden zu sein:
- Antifeministen erhielten "ein übergroßes Forum, um ihre Weltsicht zu präsentieren, die darin besteht, dass der Feminismus längst über das Ziel hinausgeschossen sei – und die Männer nun die Unterdrückten seien."
- Wo früher Feministinnen die Tabubrecher spielten, tun das nun die Männer. Eine "spezielle Generation von überwiegend männlichen Journalisten" erkläre "die Männer zu Opfern des Feminismus oder verbindet den Feminismus mit Islamkritik – und kann sich sicher sein, dass Spiegel und Focus bereitwillig berichten."
- Der Opferfeminismus sei tot, die vermaledeiten Postfeministinnen ("die Mehrheit der gut ausgebildeten und ehrgeizigen jungen Frauen") sähen statt patriarchaler Unterdrückung vor allem persönliche Chancen.
- Der Opferfeminismus habe darüber hinaus ein "Mobiliserungsproblem", weil alle sichtbaren Hürden beseitigt worden seien und nur die "unsichtbaren" übrigblieben (die natürlich ausreichen, alle Frauen komplett zu unterdrücken, während die Männer sich mit ihren Problemchen mal nicht so haben sollen).
- Kristina Schröder haue "als unfreiwillige Verbündete der Antifeministen (...) in die gleiche Kerbe, der Tenor lautet: Der Feminismus kann abtreten, sein Werk ist vollbracht – Frauen und Männer sind gleichgestellt."
- Zur Lösung all dieser Probleme seien vor allem zwei Dinge nötig. Erstens: Parteipolitker/innen müssten "akzeptieren, dass es politisch ist, ein feministisches Magazin für Popkultur herauszugeben, oder zu einer Party einzuladen, bei der 'alle Geschlechter willkommen' seien". Zweitens: Die SPD (die Partei, in deren aktuellem Programm man den Slogan findet "Wer die menschliche Gesellschaft will, muss die männliche überwinden") solle sich endlich klar und ausdrücklich zum Feminismus bekennen.
Ich verarsche euch nicht:
Hier findet man den vollständigen Artikel.
Gott, wenn's nur wahr wäre, und maskulistischen Positionen in Politik und Medien wirklich so viel Raum eingeräumt würde wie feministischen! Aber natürlich hat noch immer jede einzelne Bundestagspartei einen frauen- und keine einzeige einen männerpolitischen Sprecher, von eigenen Ministerien un dergleichen ganz zu schweigen. Wenn ich Bettina Rürup und Christina Schildmann strategisches Denken unterstellen würde, müsste ich schon fast annehmen, sie wollten Männerrechtler mit diesem Mumpitz in die falsche Sicherheit wiegen, dass unsere Arbeit längst schon getan sei und wir wirklich den Geschlechterdiskurs dominierten. Tatsächlich aber erinnern mich die Verfasserinnen mit ihrem Artikel an ein altes Märchen, das von einem bekannten weiblichen Archetyp handelt: Die Prinzessin auf der Erbse.