Mittwoch, Mai 31, 2006

noch 31. Mai

Normalerweise läuft das in Deutschland mit der Meinungsfreiheit so: Irgendeiner sagt etwas vielleicht auch nur im Ansatz Kontroverses, etliche Großmäuler prügeln empört auf ihn ein, und ehe man auch nur „feiges Opportunistenpack“ sagen kann, rücken von dem derart heftig Angefeindeten selbst seine zuvor eifrigsten Unterstützer ab. So geschah es Hohmann, Möllemann und anderen, so geht es im Streit um Peter Handke allerdings gerade gründlich in die Hose. Handke erhält momentan nämlich eine Rückendeckung, die man sich auch in ähnlichen Fällen von Denunziation gewünscht hätte: etwa vom Literaturchef der „Süddeutschen Zeitung“, von Gerrit Bartels in der „taz“ (wo wir nebenbei erfahren, dass Handke auch schon mal des Antisemitismus geziehen wurde; mein Gott, wer nicht?!) und von einer ganzen Reihe kluger Künstler im Wiener „Standard“. In dieser Debatte offenbart sich plötzlich die ganze Verlogenheit unserer Gesellschaft, die nach dem Motto verfährt: „Wir möchten mutige Autoren, die gegen den Strom schwimmen und Rückgrat zeigen, so herzlich gerne dafür würdigen, aber politisch korrekt müssen sie natürlich schon sein!“ Mein Lieblingssatz in diesem Streit stammt deshalb von Wiglaf Droste in einem auch ansonsten großen Artikel: „Ein Schriftsteller hat jedes Recht auf seine allein ihm eigene Sicht und Betrachtung der Welt; zu verlangen, er solle ein rundum kompatibler Medienmitmischer sein, kommt der Forderung nach Abschaffung des Schriftstellerberufs gleich.“ So ist es.

31. Mai 2006

Da soll noch einer durchblicken: Ist jetzt etwa auch die „Bild“-Zeitung antisemitisch?

Dienstag, Mai 30, 2006

30. Mai 2006

Noch Anfang dieses Monats machten sich Michael Miersch und Co. Gedanken darüber, ob wegen des „schlechten Gewissens des weißen Mannes“ möglicherweise „Kriege nur halbherzig geführt“ würden, was ja auch wirklich Anlass zu großer Sorge gewesen wäre. Jetzt scheinen die Jungs von der „Achse des Guten“ aber beruhigt aufatmen zu können: Offenbar vollkommen unbelastet von jeglichem schlechten Gewissen sollen amerikanische Soldaten einen Massenmord an 24 Zivilisten begangen haben. „Unter den Toten sind ein einjähriges Mädchen und ein achtjähriger Junge - nur eine 13-Jährige überlebte, indem sie sich tot stellte, das Gesicht mit dem Blut der toten Mutter beschmiert.“ berichtet die taz . Nach der Tat wurde dieses Kriegsverbrechen anscheinend vertuscht und die Toten aufständischen Irakis zur Last gelegt, bis das Massaker von einem amerikanischen Nachrichtenmagazin aufgedeckt wurde. Ein solch zünftiges Vorgehen im „Krieg gegen den Terror“ ist in der Tat von den deutschen Schlappschwänzen nicht mehr zu erwarten.

Der Militärhistoriker Manfred Messerschmidt sieht solche Vorkommnisse durch feindselige Äußerungen des US-Präsidenten Bush angestachelt: "Der amerikanische Präsident kann sich ja nicht genug tun in der Beschreibung dieses bösen Weltfeindes". Da kenne ich andere Leute, die sich auch kaum mehr einkriegen, wenn es um solche Hasspropaganda geht.

Sonntag, Mai 28, 2006

28. Mai 2006

Immer mehr zeichnet sich ein Deja-vu der Propaganda ab, die zum Irakkrieg führte: Counterpunch enthüllt die Lügen der Neokonservativen, die auch einen Angriff auf den Iran anheizen sollen.

Samstag, Mai 27, 2006

27. Mai 2006

Wie blickt eigentlich derzeit das Ausland auf uns und unsere momentane Diskussion über Fremdenfeindlichkeit? Bei dieser Frage lohnt ein Blick in einen Artikel in „Die Presse“ aus Österreich, betitelt mit „Die Weltmeister des Masochismus“. Ein Auszug:

„Regelmäßig verliert die Selbstbezichtigung das Maß und kippt ins Hysterische. So geschehen, als Ex-Regierungssprecher Heye Afrikanern dazu riet, Gegenden im Osten zu meiden, weil sie dort ihres Lebens nicht sicher sein könnten. Wer derlei behauptet, übertreibt. Bei aller Abscheu gegen ausländerfeindliche Übergriffe: Deutschland ist nicht der Irak und auch nicht in den Fängen des Ku-Klux-Clan. Aber den ungekrönten Weltmeistern des Masochismus reicht es eben nicht, mit einer No-Name-Humpeltruppe bei der Fußball-WM im eigenen Land anzutreten. Sie müssen auch noch rechtzeitig vor der WM künstlich No-Go-Zones für Ausländer herbeireden.“

Nun werden wir uns unsere momentan liebste Nationaleigenschaft bestimmt nicht von den Ösis kaputtreden lassen. Die Weltmeister in Sachen Alarmismus sind in der Tat wir, genauer: unsere Politiker und unsere Journalisten.

Gestoßen bin ich auf diesen Artikel, weil er am Mittwoch in der Polit-Talkshow "Hart aber fair" zitiert wurde. Zur gleichen Zeit sinnierten in einer schlechteren Talkshow im SWR Henryk Broder, ob nicht die Aufhebung der Demonstrationsfreiheit, sowie Claudia Roth (im Gefolge von ihrem Parteikollegen Cohn-Bendit), ob nicht die Aufhebung der Bürgerrechte (Wahlrecht etc.) im "Kampf gegen rechts" eine feine Sache wären. Klar, wir brauchen nur einen etwas totalitäreren Staat, und alle Probleme sind geregelt. In der DDR gab´s schließlich auch keine Probleme mit Rechtsextremismus. Schön, dass man wenigstens immer genau weiß, wo die Feinde der Freiheit hocken.

Freitag, Mai 26, 2006

26. Mai 2006

„Nicht allein die Lektoren, sondern die Anwälte werden hierzulande entscheiden, welche Literatur noch erscheinen kann“ berichtet heute die „Welt“ über eine bedenkliche Entwicklung.

Mittwoch, Mai 24, 2006

noch 24. Mai

Interviewfrage: Auch in den regelmäßigen Berichten des US-Kongresses wird Deutschland unter anderem wegen Einschränkung der Meinungsfreiheit gegenüber „rechten“ politischen Positionen kritisiert ...
Antwort: Man verteidigt die Leute nicht abhängig von ihren Ideen, man verteidigt sie aufgrund des Prinzips. Solange ein Medium nicht die Gesetze seines Landes verletzt - ich meine Aufruf zur Gewalt, zum Rassismus -, ist (Reporter ohne Grenzen) für die Freiheit aller, sich ausdrücken zu dürfen. ROG verteidigt, wo immer es sein sollte, in Frankreich, in Deutschland oder in der Welt, Medien jeder Schattierung, solange sie keine Gesetze verletzen.

So Robert Menárd, Gründer und Vorsitzender von Reporter ohne Grenzen (ROG), im Gespräch mit der „Jungen Freiheit“.

In derselben Ausgabe befindet sich ein Artikel über das zwanzigjährige Bestehen dieser Zeitung. Ein Auszug: „Desillusionierend war es für die JF-Redaktion, mit welcher Brutalität der `herrschaftsfreie Diskurs´ sich als Lippenbekenntnis enttarnte und hinter der demokratischen Maske der `Zivilgesellschaft´ der Terror hervortrat. 1994 und 1995 brannten Kioske, Autos, die Druckerei. Autoren wurden krankenhausreif geschlagen. An die Stelle staatlichen Schutzes trat ein Verfassungsschutz NRW, der diese Zeitung ab 1995 widerrechtlich unter den Verdacht extremistischer Bestrebungen setzte. Vor einem Jahr zwangen wir das Land vor dem Bundesverfassungsgericht in die Knie. Nicht nur NRW, sondern auch Baden-Württemberg und der Bund, die dem undemokratischen, schlechten Beispiel von NRW gefolgt waren und die JF in den letzten Jahren ebenfalls in Jahresberichten erwähnten, machten jetzt einen Rückzieher. Seit Montag, dem 22. Mai 2005 ist nach elfjähriger staatlicher Verdachtsäußerung die JF von diesem Hautgout befreit. Dies geschah jedoch eigenartig lautlos. Kein Behördensprecher äußert sich dazu, weshalb über eine Zeitung elf Jahre lang die Acht verhängt wurde und nun über Nacht der Vorwurf aufgehoben wurde. Auch dies hat den Ruch des Totalitären.“

24. Mai 2006

Die Beschuldigten von Potsdam sind inzwischen wieder auf freiem Fuß, wenn auch keineswegs entlastet, berichtet unter anderem die „Leipziger Volkszeitung“ und sieht darin gleichwohl eine „Genugtuung“ für Jörg Schönbohm, der vor übereilten Schlüssen gewarnt und sich damit heftigen Anfeindungen ausgesetzt hatte. Die in etlichen Medien als Tatsache verkaufte These eines „fremdenfeindlichen Überfalls“ scheint immer mehr zugunsten der Annahme einer Kneipenschlägerei in den Hintergrund zu treten. Derzeit versucht die Presse ihre Vorverurteilung zu retten, indem sie postuliert, die Täter hätten wegen der dunklen Hautfarbe ihres Opfers härter zugeschlagen. Woher auch immer man bei einer derart verworrenen Ermittlungslage das nun wieder wissen will ...

Zwei themenverwandte Programmtipps für heute abend: Um 20:15 im dritten Programm des SWR behandelt die Polit-Talkshow „Quergefragt“ das Thema „Braune Karte für Deutschland – Schlagen uns Hooligans die WM kaputt?“ Mit dabei ist unser Blog-Maskottchen Henryk Broder, was immerhin für offene Worte und einen gewissen Unterhaltungswert sorgen dürfte, aber leider auch Claudia Roth, die ich mir lieber ersparen würde. Dann vielleicht doch besser zur selben Uhrzeit, doppelt so lang und vom Sendeformat her reizvoller „Hart aber fair“ auf WDR 3, wo das Thema „Willkommen in Deutschland – aber Betreten auf eigene Gefahr?“ lautet?

Dienstag, Mai 23, 2006

23. Mai 2006

Auch Thomas Pany widmet sich auf Telepolis inzwischen der Ente von den „Judensternen im Iran“ und spricht in diesem Zusammenhang von „schwarzer Propaganda“, die man sich ungefähr so vorstellen müsse: „Eine Propaganda-Nachricht wird in einer etwas abseits von der großen Aufmerksamkeit gelegenen Publikation veröffentlicht und dann später von einer bekannten und seriösen Zeitung aufgenommen, die fortan als Quelle mit der entsprechenden Glaubwürdigkeit zitiert wird.“ Panys Fazit: „Dass der iranische Präsident kein harmloser ist (...) und immer deutlicher einen äußerst radikalen Kurs gegen Oppositionelle, Abweichler und Minderheiten verfolgt, ist eine Seite (...); die pauschale Karikatur von Iran als Land von Islamofaschisten, deren Präsident am liebsten als Hitlerklon gezeichnet wird, die andere: Sie gehört zur Kriegrhetorik.“

Montag, Mai 22, 2006

noch 22. Mai

Judensterne im Iran? Die “junge welt” berichtet über eine durchschaubare Zeitungsente, auf die sich gleichwohl viele mit Hurragebrüll stürzten, um daraus so viel politisches Kapital zu schlagen wie möglich. Offensichtlich sei die Hemmschwelle der Propagandisten inzwischen extrem gesunken, befindet das Blatt. Das stimmt: Dauert vermutlich nicht lang und irgendeine New Yorker Medienagentur erfindet Storys von aus den Brutkästen gerissenen Babys, von geheimen Massenvernichtungswaffen oder was auch immer sonst die Bevölkerung in Umfragen gerade am ehesten als Kriegsgrund akzeptiert. Selbst Ulrich Sahm von ntv habe sich der irreführenden Kampagne angeschlossen, vermeldet (und belegt) der Artikel „Mediale Kriegsvorbereitung“ bei Freace. Auch die taz erwähnt, wenn auch nur kurz und nicht näher analysierend, diesen Fall.

22. Mai 2006

„In Deutschland wird (Ernst) Nolte seit zwei Jahrzehnten weitgehend geschnitten; sein Auftreten löst beinahe reflexartig Proteste aus. In Italien dagegen gilt der heute 83jährige als hochangesehener Gelehrter, der an führenden Universitäten Vorträge hält und dessen Bücher als Standardwerke gelten. Der Filmemacher Andreas Christoph Schmidt geht heute abend den Gründen dieser radikal gegensätzlichen Wahrnehmung eines der klügsten Geschichtsdenker des 20. Jahrhunderts nach.“

So lautet ein Programmtipp aus der “Welt” von heute. Warum darf man in Deutschland unter Strafe heftigster Anfeindungen sowie dem Versuch massiver wissenschaftlicher Ausgrenzung keine Thesen vertreten, die in anderen Ländern zur Grundlagenliteratur gehören? Das klingt nach einer TV-Leckerei für jeden Tabuforscher. Heute abend um viertel nach acht auf 3sat.

Sonntag, Mai 21, 2006

21. Mai 2006

Vor wenigen Tagen veröffentlichte der renommierte britische Historiker Tony Judt einen glänzenden Artikel über die aktuelle Situation Israels im israelischen Haaretz. Der Artikel wurde gestern in deutscher Übersetzung von der „Süddeutschen Zeitung“ veröffentlicht, steht dort aber leider nicht online, weshalb wir auf das Original zurückgreifen müssen. Selbstverständlich ist der Beitrag in Gänze lesenswert; ich zitiere hier nur die wesentlichsten Passagen.

Zunächst einmal beschreibt Judt, dass sich Israel trotz seines 58jährigen Bestehens verhalte wie ein Jugendlicher in seiner Pubertät:

--- The social transformations of the country - and its many economic achievements - have not brought the political wisdom that usually accompanies age. Seen from the outside, Israel still comports itself like an adolescent: consumed by a brittle confidence in its own uniqueness; certain that no one "understands" it and everyone is "against" it; full of wounded self-esteem, quick to take offense and quick to give it. Like many adolescents Israel is convinced - and makes a point of aggressively and repeatedly asserting - that it can do as it wishes, that its actions carry no consequences and that it is immortal. ---

Judt führt zutreffend aus, dass Israel lange Jahre die volle Sympathie der westlichen Welt genossen hatte und dass sich das erst in jüngerer Vergangenheit zu ändern begann. Die Veränderung des westlichen Bildes von Israel hat insofern nichts mit einem internationalen Judenhass zu tun, sondern lässt sich auf ganz konkrete Entwicklungen zurückführen:

--- We can see, in retrospect, that the victory of Israel in June 1967 and its continuing occupation of the territories it conquered then have been the Jewish state's very own nakba: a moral and political catastrophe. Israel's actions in the West Bank and Gaza have magnified and publicized the country's shortcomings and displayed them to a watching world. Curfews, checkpoints, bulldozers, public humiliations, home destructions, land seizures, shootings, "targeted assassinations," the separation fence: All of these routines of occupation and repression were once familiar only to an informed minority of specialists and activists. Today they can be watched, in real time, by anyone with a computer or a satellite dish - which means that Israel's behavior is under daily scrutiny by hundreds of millions of people worldwide. The result has been a complete transformation in the international view of Israel. (…) Today only a tiny minority of outsiders see Israelis as victims. The true victims, it is now widely accepted, are the Palestinians. Indeed, Palestinians have now displaced Jews as the emblematic persecuted minority: vulnerable, humiliated and stateless. (…) Dead Israelis - like the occasional assassinated white South African in the apartheid era, or British colonists hacked to death by native insurgents - are typically perceived abroad not as the victims of terrorism but as the collateral damage of their own government's mistaken policies. (…) At a recent international meeting I heard one speaker, by analogy with Helmut Schmidt's famous dismissal of the Soviet Union as "Upper Volta with Missiles," describe Israel as "Serbia with nukes." ---

Strategische Manöver, die früher funktioniert haben, um Israel gegen alle moralischen Vorwürfe unangreifbar zu machen, greifen heute nicht mehr:

--- Even the Holocaust can no longer be instrumentalized to excuse Israel's behavior. Thanks to the passage of time, most Western European states have now come to terms with their part in the Holocaust, something that was not true a quarter century ago. From Israel's point of view, this has had paradoxical consequences: Until the end of the Cold War Israeli governments could still play upon the guilt of Germans and other Europeans, exploiting their failure to acknowledge fully what was done to Jews on their territory. Today, now that the history of World War II is retreating from the public square into the classroom and from the classroom into the history books, a growing majority of voters in Europe and elsewhere (young voters above all) simply cannot understand how the horrors of the last European war can be invoked to license or condone unacceptable behavior in another time and place. In the eyes of a watching world, the fact that the great-grandmother of an Israeli soldier died in Treblinka is no excuse for his own abusive treatment of a Palestinian woman waiting to cross a checkpoint. "Remember Auschwitz" is not an acceptable response. ---

Man möchte hier einflechten, dass für manche Polit-Grüppchen genau diese Strategie noch immer Allzweckwaffe Nummer eins darstellt. Aber das liegt lediglich daran, dass die Betreffenden noch nicht gemerkt haben, dass diese Waffe außerhalb ihres eigenen Umfelds zum Rohrkrepierer geworden ist. Und dass bis auf diese Waffe das israelische Arsenal zur Rechtfertigung seiner Taten komplett leer geworden ist:

--- And so, shorn of all other justifications for its behavior, Israel and its supporters today fall back with increasing shrillness upon the oldest claim of all: Israel is a Jewish state and that is why people criticize it. This - the charge that criticism of Israel is implicitly anti-Semitic - is regarded in Israel and the United States as Israel's trump card. If it has been played more insistently and aggressively in recent years, that is because it is now the only card left. ---

Allerdings werde Judt zuflge durch die Verwendung dieser rhetorischen Waffe der Antisemitimus nur gefördert:

--- The habit of tarring any foreign criticism with the brush of anti-Semitism is deeply engrained in Israeli political instincts (…). But Jews outside of Israel pay a high price for this tactic. Not only does it inhibit their own criticisms of Israel for fear of appearing to associate with bad company, but it encourages others to look upon Jews everywhere as de facto collaborators in Israel's misbehavior. When Israel breaks international law in the occupied territories, when Israel publicly humiliates the subject populations whose land it has seized - but then responds to its critics with loud cries of "anti-Semitism" - it is in effect saying that these acts are not Israeli acts, they are Jewish acts: The occupation is not an Israeli occupation, it is a Jewish occupation, and if you don't like these things it is because you don't like Jews. ---

Judt sieht mehrere Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die rückhaltlose Unterstützung der USA, die Israel bisher Carte blanche verschaffte, langsam zu bröckeln beginnt:

--- It seems to me of no small significance that the recent essay on "The Israel Lobby" by John Mearsheimer and Stephen Walt has aroused so much public interest and debate. Mearsheimer and Walt are prominent senior academics of impeccable conservative credentials. It is true that - by their own account - they could still not have published their damning indictment of the influence of the Israel lobby on U.S. foreign policy in a major U.S.-based journal (it appeared in the London Review of Books), but the point is that 10 years ago they would not - and probably could not - have published it at all. (…) The fact is that the disastrous Iraq invasion and its aftermath are beginning to engineer a sea-change in foreign policy debate here in the U.S. It is becoming clear to prominent thinkers across the political spectrum - from erstwhile neo-conservative interventionists like Francis Fukuyama to hard-nosed realists like Mearsheimer - that in recent years the United States has suffered a catastrophic loss of international political influence and an unprecedented degradation of its moral image. ---

Die Wiederherstellung dieses ramponierten Images könne nicht erfolgreich geschehen, solange sich die USA außenpolitisch dermaßen stark an einen Staat wie Israel bänden, der bei der Bekämpfung des weltweiten Terrorismus momentan immer mehr zu einer Belastung wird. Das war Teil der Analyse von Mearsheimer und Walt, die dafür prompt auch angegriffen worden waren:

--- Of course it has been met by a firestorm of criticism from the usual suspects - and, just as they anticipated, the authors have been charged with anti-Semitism (or with advancing the interests of anti-Semitism: "objective anti-Semitism," as it might be). But it is striking to me how few people with whom I have spoken take that accusation seriously, so predictable has it become. This is bad for Jews - since it means that genuine anti-Semitism may also in time cease to be taken seriously, thanks to the Israel lobby's abuse of the term. ---

Das haben also die Verteidiger Israels, die ständig mit ihrer Antisemitismuskeule um sich schlagen, ganz wunderbar hinbekommen: Genauso sinnvoll wäre es gewesen, sich mit dieser Keule immer wieder selbst eins überzubraten. (An dieser und anderen Stellen korrespondiert Tony Judt sehr stark mit meiner eigenen Analyse in „Warum Hohmann geht und Friedman bleibt“.) Inzwischen, so führt Judt anhand seiner Erfahrungen als Dozent weiter aus, stände Israel in den Augen vieler amerikanischer Studenten, einschließlich vieler Juden (offenbar die berüchtigten jüdischen Antisemiten, die überall in Scharen herumlaufen) moralisch auf einer Stufe mit dem Spanien unter der Diktatur Francos. Spätestens das müsse endgültig ein Weckruf für die Israelis sein.

Was also kann Israel in dieser Situation vernünftigerweise tun; wie sollte es reagieren? Judt hat hier konkrete Vorschläge anzubieten:

--- Precisely because the country is an object of such universal mistrust and resentment - because people expect so little from Israel today - a truly statesmanlike shift in its policies (dismantling of major settlements, opening unconditional negotiations with Palestinians, calling Hamas' bluff by offering the movement's leaders something serious in return for recognition of Israel and a cease-fire) could have disproportionately beneficial effects. But such a radical realignment of Israeli strategy would entail a difficult reappraisal of every cliche and illusion under which the country and its political elite have nestled for most of their life. It would entail acknowledging that Israel no longer has any special claim upon international sympathy or indulgence; that the United States won't always be there; that weapons and walls can no more preserve Israel forever than they preserved the German Democratic Republic or white South Africa; that colonies are always doomed unless you are willing to expel or exterminate the indigenous population. ---

Oberflächlich betrachtet mag es auf manchen so gewirkt haben, als seien die bedingungslosen Verteidiger Israels und aller seiner Handlungen die besten Freunde dieses Staates, während Israelkritiker als üble Antisemiten verunglimpft wurden. Judts Analyse legt die Vermutung nahe, dass die Mahner und Warner bessere Freundschaftsdienste geleistet haben und dass man vielleicht besser anfangen sollte, auf sie zu hören.

Samstag, Mai 20, 2006

20. Mai 2006

Es gibt einen neuen Karikaturenstreit – von dem Sie in den Nachrichten aber vermutlich eher wenig erfahren. Jetzt nämlich hat nicht muslimischer, sondern jüdischer Druck dazu geführt, dass sich Politiker für die Veröffentlichung eines Cartoons entschuldigten. Und selbstverständlich wird von jüdischer Seite die Entlassung des zuständigen Redakteurs gefordert, dessen Karikatur auf die Menschenrechtsverletzungen an den Palästinensern aufmerksam macht. Jetzt warten wir natürlich alle mit angehaltenem Atem auf klare Worte jener Polit-Grüppchen, die im Fall der rassistischen Jylland-Posten-Karikaturen forderten, sich ohne jedes Wenn und Aber hinter die westliche Errungenschaft der Pressefreiheit zu stellen und die jegliche auf Druck erfolgende Entschuldigung als schlimmen Sündenfall ablehnten. Irgendwie habe ich allerdings den Eindruck, dass das Argument von wegen "Liberalität" und „Pressefreiheit“ hier nur sehr strategisch und leutselig im ideologischen Krieg verwendet wurde und die Betreffenden zehnmal lieber vor der fremden Tür kehren als vor der eigenen.

Vielleicht bin ich aber auch nur unfair, und unsere neokonservativen Freunde haben schlicht alle Hände voll damit zu tun, dass Folterlager Guantanamo ihren Lesern immer noch als leicht mangelhaftes Feriencamp zu verkaufen. Dort kam es gestern zu einer Revolte, nachdem vier Häftlinge versucht hatten, sich das Leben zu nehmen. Insgesamt gab es seit Existenz dieses Lagers 41 solcher Selbstmordversuche. Das UNO-Komitee gegen Folter fordert inzwischen die Schließung des von Henryk Broder, Michael Miersch und Co. immer wieder energisch verteidigten Lagers.

Ebenfalls heute in den Nachrichten: Einer Studie des BKA zufolge sei der Islam keineswegs die Ursache für die Ehrenmorde, die inzwischen fast automatisch mit ihm in Verbindung gebracht werden. Solche Taten gebe es nämlich auch in christlichen Familien, sowohl im Nahen Osten als auch in Europa. Trotzdem bin ich zuversichtlich, dass sie weiterhin im Religionskrieg der christlich-jüdischen gegen die muslimische Fraktion instrumentalisiert werden dürften.

Freitag, Mai 19, 2006

19. Mai 2006

Vor wenigen Wochen habe ich mich in einem Interview mit der „Jungen Freiheit“ über die Vorverurteilung von Politik und Medien im Fall Potsdam ausgesprochen. Die „Junge Freiheit“ gilt wegen solcher Einwände für manche Ideologen noch immer als extrem rechts, wer sich an der Vorverurteilung beteiligt und brav mit dem Strom schwimmt, hingegen als politisch korrekt.

Jetzt macht mich ein Leser dieses Blogs darauf aufmerksam, dass sich ein Fall ähnlich schlampiger Berichterstattung in vielen deutschen Zeitungen gerade wiederholt hatte. (Herzlichen Dank für diesen Hinweis!) „Da schlugen die Glatzen zu – wieder so eine fremdenfeindliche Attacke!“ berichtet die “Bild”-Zeitung über den angeblichen Überfall auf einen Italiener und schildert als Faktum, als wäre sie dabei gewesen: „Da prügelten ihn die Männer mit einem Baseballschläger blutig, zertrümmerten sein Bein, schlugen immer wieder auf seinen Kopf!“ Typisch „Bild“? Von wegen: „Italiener wurde Opfer von Rassisten“ vermeldet der seriöse Berliner “Tagesspiegel“ und führt ebenfalls im Indikativ aus: „Danach schlug einer der Täter mit einem Baseballschläger zu und verletzte den Mann am Kopf sowie am rechten Knie.“ Nicht viel anders sieht es aus beim “Berliner Kurier“ („Kahl geschorene Ausländer-Hasser zertrümmerten Gianni C. (30) das rechte Knie. Weil er Italiener ist.“). Dem “Handelsblatt“ zufolge stürzt der „Angriff, verübt am Sonntag mitten im touristischen Berlin, (...) Deutschland kurz vor der Fußball-Weltmeisterschaft in eine neue Debatte über Rassismus und Fremdenhass.“ Die “Welt“ informiert uns: „Nach dem brutalen Überfall auf einen 30jährigen Italiener am frühen Sonntagmorgen in Prenzlauer Berg fahndet die Polizei mit Hochdruck nach den Tätern. Wie berichtet, hatten drei `glatzköpfige´ Männer ihr Opfer gegen 1 Uhr an der Schönhauser Allee zunächst als `Scheißausländer´ beschimpft und ihn anschließend mit einem Baseballschläger niedergeknüppelt.“ Und die “Mittelbayrische“ teilt ihren Lesern mit: „Rund drei Wochen vor Beginn der Fußball-Weltmeisterschaft haben Unbekannte in Berlin einen Italiener zusammengeschlagen. (...) Die Angreifer konnten entkommen. Nach Polizeiangaben waren sie kahlköpfig und trugen schwarze Bekleidung.“ Inzwischen sind die Geschichten des Italieners also schon „Polizeiangaben“.

Gestern nun berichtete die “Bild“-Zeitung, dass die Polizei mittlerweile die Videos einer Bahnhofs-Überwachungskamera am angeblichen Tatort ausgewertet habe. Ergebnis: „Auf den Bildern sieht man, wie Gianni C. ohne Fremdverschulden ins Gleisbett fällt und sich dabei selbst verletzt.“ Auch die “Welt“ erkennt nun: „Italiener hat Angriff durch Neonazis nur erfunden.“ In der “Berliner Zeitung“ lesen wir: „Nur wenige zweifelten an der Geschichte, was auch daran liegen könnte, dass es immer gefährlich ist, an solchen Geschichten zu zweifeln. (...) (D)er Fall wirkte von Anfang an dubios: Nicht ein Zeuge hatte den angeblichen Überfall gesehen. Dabei sind in der Nacht zum Sonntag um diese Zeit auf der Schönhauser Allee viele Menschen unterwegs.“ Und die “Berliner Morgenpost“ berichtet: „In Kreisen der Antifa sorgte der Fall für Diskussionen. Wenn der Italiener die Geschichte erfunden habe, mache man sich vollends lächerlich, wenn man darauf reinfalle und brav `antifa spielen gehen´ würde.“

Immerhin lässt das „vollends“ in diesem Satz auf eine gewisse Selbsterkenntnis und Kritikfähigkeit der Antifa schließen, die ich persönlich ihr gar nicht zugetraut hätte. Von einer ähnlichen Selbstkritik fehlt in der deutschen Presse noch jede Spur. Bei aller Unterstützung für ein Engagement gegen Rassismus und gegen Gewalt: Welcher Teufel reitet etliche Journalisten hierzulande eigentlich, die komplett unbestätigten und bereits als höchst fragwürdig erkennbaren Darstellungen eines einzelnen Menschen komplett unkritisch als Tatsache auszugeben, nur weil er ausländischer Herkunft ist und seine Darstellung gerade so hübsch ins politische Klima passt? „Der andauernde `Rassismus-Alarm´ (`Handelsblatt´) in der deutschen Öffentlichkeit erzeugt erneut eine irritierende Medienberichterstattung, die eher vom Funktionieren bedingter Reflexe als journalistischer Sorgfalt geprägt ist.“ befindet vom Ausland aus die „Neue Zürcher Zeitung“ in einem sehr lesenswerten zusammenfassenden Kommentar über diese neue deutsche Hysterie.

Mittwoch, Mai 17, 2006

noch 17. Mai

Die Roten Männer (Männerrechtler in der SPD) kommentieren den heute morgen verlinkten taz-Artikel so.

17. Mai 2006

Die taz von heute über den Fall der einstigen feministischen Ikone Hirsi Ali, die sich nun als Schwindlerin herausstellte:

„Damit verliert die niederländische Rechte ihre Kronzeugin, dass der Islam eine rückständige Religion ist, die die Frauen unterdrückt. Bei weißen Männern war diese These sehr beliebt; Musliminnen hingegen konnten noch nie viel mit ihrer selbst ernannten Retterin anfangen. Die Migrantinnen erkannten ihr Leben und ihren Glauben nicht mehr wieder, wenn Hirsi Ali darüber sprach: Im Islam schien es nur Zwangsheiraten, Ehrenmorde und finsteres Mittelalter zu geben..“

Montag, Mai 15, 2006

15. Mai 2006

Eine sehr gute Freundin von mir hat es inzwischen geschafft, eines ihrer Lebensziele zu verwirklichen und ist Autorin im Bereich Erotic Romance geworden. Bis jetzt veröffentlicht sie im Bereich Kurzgeschichte und E-book, aber so toll, wie sie schreibt, halten wir in ein paar Jahren vermutlich ihren ersten 500-Seiten-Roman in den Händen. Heute ging ihre Autoren-Website ans Netz – komplett mit Blog. Nun habe ich mit meinem Blog inzwischen wohl, glaube ich, vier bis fünf andere Leute zum Bloggen inspiriert, aber bei „Lili B. Adams“ war es genau andersherum: Ihrer Inspiration habe ich meine eigenen Blogs zu verdanken. (Äh, für diejenigen, die hier nur mitlesen, damit sie sich über meine Texte aufregen können: Das ist kein Grund, ihr Hate-Mails zu schreiben, Leute!) Ich wünsche ihr, dass sie mit ihren Ideen noch viele weitere Menschen berühren kann.

Samstag, Mai 13, 2006

noch 13. Mai

Na, das ist doch mal was Neues: Die „Berliner Zeitung“ veröffentlicht den ersten Prostitutions-Preisspiegel Berlins. Und das macht Sinn in unserer neoliberalen Wirklichkeit: Wenn Prostitution ein Job wie jeder andere ist und inzwischen sogar langzeitsarbeitslose Frauen als Huren vermittelt werden können, dann will man ja auch als Kunde Preise und Leistungen miteinander vergleichen können.

13. Mai 2006

Mariam Lau bringt bei „Spiegel Online“ einiges gut auf den Punkt:

--- Das Problem mit den Neocons ist aber nicht, dass sie sich geirrt haben: es hat durchaus etwas Nobles, an einer großen Hoffnung wie der Demokratisierung der arabischen Welt zu scheitern. Das Problem ist die permanente Schönfärberei, der geradezu Orwellsche Umgang mit diesem Irrtum. Und wo man gar nicht mehr um die Anerkennung eines Problems herumkommt, ohne wunderlich zu wirken, wird man hegelianisch und erklärt alles, was ist, für den steinigen Weg zum Fortschritt. (...) Aber den wichtigsten Schwachpunkt im Denken der Neocons hat auch Fukuyama nicht erhellen können: Wie Leute, die sich in der Innenpolitik sich so gegen Eingriffe des Staates ins gesellschaftliche Leben wenden ("social engineering"), so große Hoffnungen in die Implementierung einer Demokratie von oben setzen können, wenn es um fremde Völker geht. Sollte es mit ihrer romantischen Begeisterung für das zu tun haben, was Paul Berman in seiner Rezension des Fukuyama-Buchs "Romantisierung von Rücksichtslosigkeit" genannt hat: "Die neokonservative Außenpolitik", so schreibt Berman in der "New York Times", "hatte schon immer ein Faible für die Idee, dass eine kleine, erlesene Gruppe von Leuten eine entscheidende Rolle bei großen Ereignissen in der Welt haben könnte. Deshalb haben sie in den 70er Jahren die gruseligsten antikommunistischen Guerillas in Angola unterstützt, und im Jahrzehnt darauf ein paar nicht sehr sympathische antikommunistische Guerillas in Lateinamerika. Erklärt das nicht den seltsamen Umstand, dass die Bush-Administration heute gleichzeitig so eine fabelhafte demokratische Rhetorik und eine Serie von grotesken Folter-Skandalen auf einen Nenner bringen konnte? Diese verrückte und selbstschädigende Kombination von Idealismus und Schlagringen?" ---

Treffer, versenkt.

Donnerstag, Mai 11, 2006

11. Mai 2006

In einer Großrazzia durchsuchte die Polizei heute unter anderem in Rheinland-Pfalz und Hessen (also praktisch bei mir um die Ecke) 400 Bars, Clubs und Bordelle. Diese Aktion gegen die Zwangsprostitution wurde als „sehr erfolgreich“ bewertet – was immer das in diesem Kontext bedeuten mag. Aufgegriffen wurde neben zwei vermutlichen Zwangsprostituierten auch eine 14jährige, die als Prostituierte arbeitete.

Samstag, Mai 06, 2006

6. Mai 2006

John Mearsheimer und Stephen Walt wurden sehr scharf und sehr unfair angegangen für ihren Report über den Einfluss der israelischen Lobby auf die US-amerikanische Politik. Jetzt geben sie unsachlichen Kritikern in einem neuen Artikel die passende Antwort: „Wäre vielleicht mal eine seriöse Diskussion über die Rolle Israels auf die amerikanische Außenpolitik möglich?“

Freitag, Mai 05, 2006

5. Mai 2006

Wir unterbrechen dieses Blog kurz für ein paar Verbraucherhinweise. Schon in 20 Sekunden werden wir mit dem üblichen Programm fortfahren (zügige Lesegeschwindigkeit vorausgesetzt).

Anders gesagt: Es sind ein paar neue Rezensionen zu meinen Büchern erschienen.

So urteilt aktuell die führende SM-Zeitschrift SCHLAGZEILEN kurz und knackig über meine Erotik-Anthologie „Machtgeil“: „In sechs bisher unveröffentlichten Kurzgeschichten und einem Theaterstück gibt es mal wieder eine unterhaltsame Auswahl pfiffiger SM-Texte im Stil der `Neuen Leiden´.“

Die „Zeitschrift für internationale Politik“ „International“ befindet in einer sehr ausführlichen Rezension meines Buches ”Warum Hohmann geht und Friedman bleibt” unter anderem: „(...) Inzwischen gibt es auch im deutschsprachigen Raum eine Vielfalt an mehr oder minder sachlicher und wissenschaftlicher Literatur zu diesem spannenden Thema. (Gemeint ist die Antisemitismuskontroverse, A.H.). Wie man auch bei anderen Rezensionen in diesem Heft nachlesen kann, weisen diese Veröffentlichungen extreme qualitative Unterschiede auf. Ganz wenige Publikationen versuchen ein gewisses Maß an Ausgewogenheit und Objektivität zu wahren. Es ist also zumeist bereits die Sekundärliteratur einseitig und parteiisch. Das vom deutschen Journalisten und Autor Arne Hoffmann verfasste Buch über die deutsche Antisemitismusdebatte der jüngsten Jahre gehört zweifellos zu den wenigen rühmlichen Ausnahmen. Obwohl er mit seiner persönlichen Ablehnung der bis hin zur persönlich-beruflichen Vernichtung von Isrealkritikern geführten Medienkampagnen der `politisch Korrekten´ nicht hinter dem Berg hält, behandelt er das Thema sorgfältig, gründlich und vor allem sachlich-unpathetisch. Er hat nicht nur alle wesentlichen Fälle der letzten Jahre sehr genau recherchiert, sondern auch wichtige wissenschaftliche Grundlagen aufgearbeitet. Trotz der Fülle an Material ist das Ergebnis ein gut geschriebenes und spannendes Buch. (...) Zusammenfassend ist das Buch eine Pflichtlektüre für alle, welche nicht der Ansicht sind, dass die israelische Politik unter Hinweis auf die Geschichte mit grundsätzlich freundlicheren Maßstäben gemessen werden soll und dass Israelkritiker grundsätzlich anders, nämlich schlechter und unfairer, behandelt werden sollen als Israelfreunde. Das Buch beinhaltet auch eine fundierte Analyse und zahlreiche konkrete Fallbeispiele der Methoden und Mechanismen jener, welche das Geschäft der Diffamierung und Kriminalisierung betreiben.“

Und schließlich heißt es in der Besprechung eines Amazon-Top-500-Rezensenten zu meinem aktuellsten Titel „Unberührt“: „Der Autor Arne Hoffmann ist dabei durchdacht und sehr feinfühlig vorgegangen und beleuchtet das Thema bewusst von möglichst vielen Seiten. (...) Die zehn Interviews in Teil 1 beeindrucken durch die schonungslose Offenheit der Interviewpartner und durch die Tiefgründigkeit ihrer Gedanken. Teile 2-4 betrachten das Phänomen 'Unberührt' aus der Sicht Außenstehender, und zwar auf eine Weise, welche den Betroffenen immer ihre Würde lässt. Das ganze Buch zeugt von großem Respekt des Autors vor Menschen ohne Beziehungserfahrung und bleibt in der Betrachtung stets neutral, wird nie wertend. Hut ab vor Arne Hoffmann!“

Diese durchgehend positive Resonanz freut mich ganz besonders, wenn ich daran denke, wie komplett unterschiedlich die von mir verfassten Bücher sind. Mehr Ungewöhnliches, Provokatives und – so denke und hoffe ich! – trotzdem Qualitatives ist im Anmarsch.

immer noch 4. Mai 2006

Jetzt geht aber nun wirklich alles kreuz und quer: Am selben Tag, an dem ich der „Jungen Freiheit“ mein Interview gegeben hatte, erscheint bei Multikulti1 mein Interview mit Shraga Elam.

Donnerstag, Mai 04, 2006

noch 4. Mai

Was ich eben noch über die „Achse“ geschrieben habe, gilt nicht viel anders für mancherlei Zustände in Israel. Gerade überlegt man noch, ob es nicht ein bisschen unfair ist, ständig auf diesem Land herumzuhacken, nachdem es zweifellos zahlreiche schlimmere Regierungen gibt und ein Großteil der israelischen Bevölkerung sicher auch nicht glücklich mit ihrer Lage ist, da erhält man Meldungen wie diese:

„Jerusalem - Der Vorsitzende der israelischen Rechtsaußenpartei `Israel unser Heim´ (Israel Beiteinu), Avigdor Lieberman, hat am Donnerstag im Parlament für einen Eklat gesorgt. Er forderte die Hinrichtung aller arabisch-israelischen Abgeordneten, die Kontakte zu Abgeordneten oder Kabinettsmitgliedern der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas unterhielten. In den Nürnberger Prozessen nach dem Zweiten Weltkrieg ...“

Großartig. Alles, was man an diesen Knallchargen so liebt, wird in wenigen Zeilen auf den Punkt gebracht: die ins Groteske überschnappende radikale Militanz, die geringe Wertschätzung eines menschlichen Lebens, der blinde Hass gegen jeden, der nur KONTAKTE zu DEM FEIND unterhält (Mischa Miersch lässt grüßen), die völlig unpassende Verknüpfung mit dem Dritten Reich als rhetorisches Allzweckmittel ... fehlt nur noch ein zünftiger Antisemitismusvorwurf, und der Irre hat im deutschen Journalismus eine große Karriere vor sich. Wenn ihn nicht zumindest die „Jungle World“ bereits um einen ersten Leitartikel gebeten hat, dann weiß ich auch nicht.

4. Mai 2006

Die „Achse des Guten“ droht schon seit längerem zum running joke dieses Blogs zu verkommen, aber eines muss man den Jungs allen Ernstes als echte Leistung zugestehen: Immer wenn man da mal wieder reinzappt, findet man irgendwas wirklich Kurioses, das man zuvor nie für möglich gehalten hätte und deshalb unbedingt weitererzählen will. Ich hätte nicht die entsprechende Phantasie, wenn ich eine solche Gruppe in einer Satire darstellen wollte! Aktuell treibt unsere Neocon-Gang offenbar allen Ernstes das bedrückende Problem um, dass „Kriege nur halbherzig geführt“ werden: "Nachdenkenswert". Tja, mag da manch einer sofort schwermütig zustimmen: War das nicht immer schon das gravierendste Problem von uns Deutschen?

Und da wir schon bei Absurditäten sind: Raten Sie mal, wer aktuell als Nachfolger Paul Spiegels empfohlen wird ... Bin ich neben Broder eigentlich der einzige, der sowas bei aller Abgeschmacktheit dieses Vorschlags irgendwie auch sehr witzig findet? Wenn Rafael Seligmann (dessen Äußerungen ich häufig durchaus schätze) ausgerechnet unseren Paolo Pinkel als „natürlichen Repräsentant der deutschen Juden“ bezeichnet – wieso ruft eigentlich DA keiner „Antisemitismus“? Ich persönlich wäre hier schon ein bisschen angepisst.

Mittwoch, Mai 03, 2006

immer noch 3. Mai

„Da wird (...) ein Mann fast zu Tode geprügelt, weil er eine dunkle Hautfarbe hat“, liest man heute zum Fall Potsdam in der taz.

noch 3. Mai 2006

Wie die FAZ heute auf Seite 46 berichtet, ist die britische BBC für ihre Berichterstattung über den israelisch-palästinensischen Konflikt getadelt worden – allerdings nicht so, wie man es sich nach der lautstarken Rhetorik der israelischen Seite hätte vorstellen mögen. Tatsächlich befand das unabhängige Gremium unter dem Vorsitz eines früheren Leiters der politischen Abteilung im Nordirland-Ministerium:

--- Obwohl das Gremium keine absichtliche oder systematische Voreingenommenheit erkennt, kommt es zu dem Schluß, daß die BBC implizit die israelische Seite bevorzuge. Die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt versäume es, "die Disparität zwischen der israelischen und palästinensischen Erfahrung" hinreichend zu vermitteln, die sich darin zeige, daß eine Seite die Kontrolle habe und die andere besetzt sei. Nur einen geringen Prozentsatz palästinensischer Verluste erwähne die BBC in ihren Nachrichten, während über der Tod von mehr als einem Israeli durch palästinensische Angriffe stets berichtet werde. Wenn Israelis litten, geschehe dies meist infolge eines Terror-Angriffs, der unweigerlich als berichtenswert gelte, heißt es in dem Bericht. In den letzten Jahren seien aber viel mehr Palästinenser umgekommen, allerdings unter weniger dramatischen Umständen, die weniger wirkungsvolle Bilder hergäben. Israelische Kommentatoren kämen zudem häufiger zu Wort als Palästinenser. ---

Überraschend? Schließlich gibt es ein lautstarkes Netzwerk, das bei jeglicher Kritik am israelischen Vorgehen spontan auf die Barrikaden geht. Erster Schritt: Man versucht den Kritiker in einem besonders lautstarken Wutausbruch einzuschüchtern und mit Schmutz zu bewerfen. Zweiter Schritt: Man verfasst ein paar pseudoanalytische, aber in Wahrheit bereits stark vorurteilsbelandene Texte verfasst, die eben jenen „neuen Antisemitismus“ belegen sollen (was allerdings nur anhand der zugrundgelegten Schablone gelingt und so zur sich selbst bestätigenden Vorannahme gerät). Jeder getötete Palästinenser, über den dann tatsächlich doch berichtet wird, gerät Fanatikern so zum neuen Beleg für den Judenhass der westlichen Medien. Die palästinesische Seite verfügt über keinen vergleichbaren Apparat an Lobbyisten. Auf zehn Bücher zum „neuen Antisemitismus“ kommen null zum „neuen Antipalästinensismus“, weil es nicht einmal dieses Wort gibt, diese Vorstellung nicht einmal gedacht werden kann. Wie man aber sieht, gelangt eine neutrale Analyse zu ganz anderen Ergebnissen als von vielen gewünscht. Hierzulande kann man auf ein entsprechendes Gremium wohl noch lange warten. Dass hier hin und wieder einzelne Experten, wie aktuell der frühere Weltbankpräsident James Wolfensohn klare Worte äußern, muss uns offenbar reichen.

3. Mai 2006

Heute ein Spendenaufruf in eigener Sache: Falls der eine oder andere Leser dieses Blogs noch einen Küchenwecker oder eine andere laut tickende Uhr besitzt, die er nicht mehr gebrauchen kann, aber auch nicht bei Ebay ... öh ... verticken will (das Wortspiel kam und fraß mich), dann würde ich mich sehr darüber freuen. Ich nehme diese Uhren gerne als Präsent entgegen, würde aber auch signierte Neuerscheinungen meiner Bücher dagegen bieten, die ich noch hier auf Vorrat habe („Winterdämmerung“, „Lexikon des Jenseits“, SM-Kurzgeschichten). An teureren Uhren zum Verkauf habe ich kein Interesse. Bitte im Zweifel Kontaktaufnahme mit mir über Cagliostro3@hotmail.com. Meine Postadresse ist Arne Hoffmann, Hahnweg 2, 65321 Springen.

Dienstag, Mai 02, 2006

2. Mai 2006

Die Debatte um den Geburtentrückgang in Deutschland ist nicht so neu nund so erschütternd wie viele Medien jetzt tun. Sie fand schon in den siebziger Jahren statt – nur war sie damals offenbar komplett wider den Zeitgeist. So wurden die Forscher, die dieses Problem damals ansprachen, von der damals regierenden SPD mit der Behauptung diffamiert, sie pflegten „völkisch-kollektivistische Vorstellungen. Man denke in Kategorien der Gruppe, der Horde, des Volkes. Bestandserhaltung sei ein Begriff aus der Viehhaltungsstatistik.“ Über 25 Jahre später schrillen plötzlich die Alarmglocken.

Montag, Mai 01, 2006

1. Mai 2006

Auch der Netdoktor empfiehlt seinen Patienten inzwischen “Unberührt”.